Toskana

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Regionen, die das gewisse Etwas haben, polarisieren immer. So ist es bei Sylt, Kitzbühel und eben auch bei der Toskana. Ein regelrechtes politisches Schimpfwort in den 90ern war etwa „Toskana-Fraktionär“ für all jene Sozialdemokraten und Grünen, die ab einem gewissen Alter einen arrivierten Lebensstil zu schätzen gelernt hatten und deshalb ihren Urlaub mit Vorliebe in der norditalienischen Region verbrachten. Wasser predigen und Wein trinken? Andersherum wäre ja wohl deutlich schlimmer. Warum soll man sich für guten Geschmack auch schämen? Dass dieser hier seit alters her bedient wird, steht völlig außer Frage. Und dafür brauchte es damals wie heute einen gut betuchten Kreis an Feinschmeckern mit gewissem Hang zum Hedonismus. In der Toskana waren das vor allem die schwerreichen Medici, die im 15. Jahrhundert die Herrschaft übernahmen - erst in der Stadt Florenz, dann in der gesamten gleichnamigen Republik, welche durch die Familie faktisch in eine Erbmonarchie umgewandelt wurde. Bewegte Zeiten mit blutigen Kriegen, Verschwörungen und Attentaten, die sich kein Drehbuchautor besser hätte ausdenken können, aber ebenso eine Blütezeit für Kunst und Kultur, denn bei aller Machtbesessenheit förderten die Medici auch Michelangelo, Botticelli und Leonardo da Vinci.

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Im Detail

Toskana

 

 

Und ebenso erhaben, wie sich die alte Stadt Florenz, das Zentrum der italienischen Renaissance, mit seinem Dom, den Uffizien und der Ponte Vecchio gibt, so ehrwürdig präsentieren sich auch die hiesigen Weine. So viele große Namen sind darunter, dass man fast denken könnte, alle berühmten Weine Italiens stammen von diesen knapp 65 000 Hektar - was gar nicht so falsch wäre. Beginnen wir am besten mit dem bekanntesten von allen, dem Chianti, meistproduzierter Qualitätswein des Landes. Er ist damit das Sinnbild für italienische Rotweine, ja für das oft beschworene Dolce Vita schlechthin und überdies allzu häufig Grund für Kopfschmerzen beim Servicepersonal, wenn statt eines „Kianti“ mal wieder mal ein „Tschianti“ bestellt wird. Lange vorbei sind die Zeiten, in denen man ihn in bauchigen, mit Stroh umflochtenen Großflaschen servierte, und seitdem hat sich auch sein Ruf im Ausland deutlich verbessert. Das Gebinde, dessen polsternde äußere Schicht das damals noch recht dünne Glas vor dem Zerbrechen bewahren sollte, heißt im Italienischen „fiasco“, und tatsächlich stammt der ins Deutsche übernommene Ausdruck für einen kompletten Fehlschlag davon ab, auch wenn der Grund dafür bisher nicht zuverlässig hergeleitet werden konnte. Ganz und gar kein Fehlschlag, sondern im Gegenteil eine wahre Erfolgsgeschichte ist die über 300jährige Historie des Chianti, die, wie könnte es anders sein, mit einem Medici beginnt. Cosimo III. war es, der 1716 ein bestimmtes Gebiet eingrenzte, aus welchen unter dem Namen Chianti vermarktete Weine stammen dürfen und damit die wahrscheinlich erste geschützte Ursprungsbezeichnung der Welt erschuf. Und gleichzeitig den Grundstein legte für die heute in Italien gebräuchlichen Qualitätsstufen DOC und DOCG.

 

Doch Obacht: Chianti ist nicht gleich Chianti. Zum einen gibt es den Chianti Classico: seine Herkunftsregion ist die Herzkammer des Gesamtgebietes, eine von vielen Wäldern geprägte Fläche zwischen Florenz und Siena. Erkennbar ist er am „Gallo Nero“, dem schwarzen Hahn auf der Flasche. Der Legende zufolge verdanken ihm die Florentiner den Sieg in einer Grenzstreitigkeit mit den Senesi: man hatte sich darauf geeinigt, beim ersten Hahnenschrei von beiden Städten aus einen Reiter in Richtung der jeweils anderen auszuschicken - der Ort ihres Zusammentreffens sollte dann die Grenze markieren. Der weiße, gepflegte und gemästete Gockel von Siena verschlief jedoch seinen Einsatz, während der schwarze Hahn von Florenz am Vorabend hatte Hunger leiden müssen und nun am frühen Morgen aus Leibeskräften krähte - so gelangte der allergrößte Teil der Chianti-Region an Florenz, das dem Federvieh aus Dankbarkeit ein Denkmal setzte. Ob wahr oder nicht: der Classico gilt als der „Ursprüngliche“. Er muss zu mindestens 80 Prozent aus Sangiovese bestehen; es gibt aber durchaus auch Winzer, die allein auf diese Traube setzen und nicht auf die schmeichlerischen, säuremildernden Eigenschaften des Canaiolo oder seit jüngerer Zeit auch internationaler Reben wie Cabernet Sauvignon oder Merlot. Vom Classico unterscheidet man den Chianti DOCG, dessen Anbaugebiet drei Mal so groß ist und das des älteren Bruders umgibt. Bei ihm muss der Sangiovese-Anteil nur 70 Prozent betragen, neben anderen Roten für Farbe und Samtigkeit kommt für einen leichteren Trinkfluss oft auch die weiße Malvasia zum Zuge - dieser Dreiklang ist das berühmte „Rezept“ für einen perfekten Chianti, wie der Weinfunktionär Baron Ricasoli es vor 150 Jahren niederschrieb. Beim Classico ist der Einsatz weißer Reben hingegen komplett untersagt. Bis vor einiger Zeit war es noch gestattet, Wein aus der Classico-Region nachträglich als DOCG zu vermarkten, wenn die strengen gesetzlichen Bestimmungen, die sich auch auf Kelter und Ausbau beziehen, nicht eingehalten werden konnten - das ist nun untersagt und Weinfreunde müssen sich entscheiden, welcher Machart sie den Vorzug geben.

 

 

So viel ist jetzt über Sangiovese geredet worden, dass es sinnvoll erscheint, die Traube einmal etwas näher zu betrachten, zumal sie mit 100 000 Hektar die beliebteste Rebe des gesamten Landes ist. Ja, das ist viel, nämlich ziemlich genau die Rebfläche ganz Deutschlands. Der klangvolle Name rührt nicht, wie man in einer Hochburg der Heiligenverehrung wie Italien vielleicht annehmen könnte, von einem San Giovanni her, sondern vom lateinischen „sanguis Jovis“, was so viel wie „Blut des Jupiter“ heißt. Aufgrund der Anleihe beim höchsten römischen Gott liegt ein Anbau schon in der Antike zwar nahe, ist aber nicht gesichert - die erste schriftliche Erwähnung findet sich Ende des 16. Jahrhunderts. Zudem muss die Benennung auch eher auf die außerordentliche Güte des Weines zurückzuführen sein als auf optische Aspekte, denn der Most ist vergleichsweise hell und damit ganz und gar nicht blutähnlich. Dafür aber ausgestattet mit viel Säure und Gerbstoffen und mit einer reichhaltigen Aromenpalette, die durch die Mutationsfreudigkeit der Rebe zusätzlich bereichert wird: wartet der klassische Sangiovese mit dunklen Beeren und dezenten Noten von Veilchen, aber auch Tabak und Leder auf, bestechen Abarten mitunter auch mit von Milchschokolade unterlegter Sauerkirsche. Mittlerweile hat er als Mitbringsel der Millionen italienischer Auswanderer in alle Welt auch eine internationale Karriere eingeschlagen und wird unter anderem in den USA, Südafrika, Südamerika und sogar in Thailand angebaut. Auf den leichten lehmigen Böden der Toskana mit ihrem hohem Kalkanteil gedeiht er aber mit Abstand am besten und der sanfte Kontrast zwischen heißen, trockenen Sommern, die den Rebstöcken alles abverlangen, und den regenreichen, milden Wintern, die ihnen zur Erholung dienen, tut sein Übriges für die Entwicklung tiefgründig-komplexer Tropfen mit hohem Alkoholgehalt.

 

Während dem Chianti in der Regel andere Rebsorten beigemischt werden, um die gewisse Strenge des Sangiovese etwas zu mildern, finden Puristen im Brunello genau das Richtige, der zu hundert Prozent aus dieser Traube bestehen muss. Wiederum anders als der Chianti, der von einfachen Varianten für wenige Euro bis zu Topweinen eine große Spannbreite kennt, ist der Brunello, übrigens einfach eine andere, lokale Bezeichnung für den Sangiovese, ausnahmslos ein Spitzenerzeugnis und neben Barolo und Amarone Teil des Triumvirats italienischen Weinbaus. Dass er trotz der eher hellen Traube die tiefdunkle, schon bräunlichrote Farbe aufweist, die ihm seinen Namen eingetragen hat, ist vor allem seiner mindestens zwei Jahre währenden Lagerung im Eichenfass geschuldet. Dieser Prozess schleift auch das mürbe Tannin herrlich rund und unterlegt die intensiv-konzentrierte Aromatik mit einer feinen Vanille-Note. Noch vor einigen Jahrzehnten waren es nicht einmal hundert Hektar, auf denen er kultiviert wurde, und auch heute ist der Anbau auf 2000 Hektar in der Umgebung des Städtchens Montalcino beschränkt. Dort weiß man um den Wirtschaftsfaktor und hält seit nunmehr 30 Jahren die Qualitäten der einzelnen Jahrgänge mittels künstlerisch gestalteter Fliesen an der Fassade des Rathauses fest.

 

 

 

Von einem oder zwei Gläschen gestärkt können wir uns auf die Weiterreise begeben, im besten Falle natürlich landestypisch auf dem Sozius einer sympathisch schnurrenden Vespa. Die leicht gewellte Hügellandschaft mit ihren mannigfaltigen Grünschattierungen und dem silbrig schimmernden Horizont erscheint wie gemalt und erinnert immer wieder an einen sanften Ozean, über den man friedlich hingleitet. Schlanke Zypressen säumen die scheinbar endlosen Landstraßen zu uralten, einsam gelegenen Anwesen, sodass man sich manchmal fragt, ob man wirklich noch durch den wirtschaftsstarken italienischen Norden fährt oder traumwandlerisch zwischen Himmel und Erde treibt. Ein Sehnsuchtsort. Hier muss man einfach Weinbau betreiben, alles andere wäre ein Frevel. Das dachten sich wohl schon die Etrusker, die vor zweieinhalb Jahrtausenden hier die ersten Reben kultivierten. Schon sie erkannten das Potential einer Region, die im Spannungsfeld zwischen kontinentalen und mediterranen klimatischen Einflüssen liegt. Das später in den Römern aufgegangene Volk dürfte bereits damals kleine Weinberge an südlich ausgerichteten Hanglagen, vorzugsweise zwischen 100 und 500 Meter Seehöhe angelegt haben - genauso, wie sie auch heute noch bewirtschaftet werden.

 

Nicht einmal 40 Kilometer von Montalcino entfernt wartet der Dritte im Bunde auf uns. Hier liegt das Örtchen Montepulciano, wo mit dem Vino Nobile ein weiterer ehrenwerter Name wartet. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn einer Anekdote zufolge war es früher nur adligen Familien gestattet, ihn anzubauen. Auch wenn das wahrscheinlich nicht stimmt, gilt es doch als gesichert, dass er die höchsten Kreise erfreut hat, etwa den mächtigen Renaissancepapst Paul III. Ganz sortentypisch will auch er sich in seiner Jugend nicht offenbaren, legt im Gegenteil eine gewisse Herbheit an den Tag, die erst durch einige Jahre Reife einer herrlichen Samtigkeit weicht. In seiner Komposition aus mindestens 70 Prozent Sangiovese, ergänzt um Canaiolo und die weißen Trebbiano und Malvasia ist er einem Chianti DOCG sehr ähnlich, was sich auch geschmacklich bemerkbar macht.

 

 

Nun haben wir ja schon über so einige sehr edle Tropfen gesprochen, kann man sich da überhaupt noch steigern? Das mag sich vor über 50 Jahren auch der Marchese Antinori gefragt und sich selbst mit einem überzeugten „Sì, certo!“ geantwortet haben. Mit ihm beginnt nämlich der Siegeszug der Supertoskaner, die, das kann man ohne Übertreibung sagen, eine neue Ära in der italienischen Weinwelt eingeläutet und über die Zeit einen absoluten ikonischen Status erreicht haben. Doch der Reihe nach… Ausländische Rebsorten, vor allem die klassisch französischen, waren in Italien schon seit langer Zeit bekannt. Allerdings, sei es aus patriotischer Eitelkeit, sei es, weil das Weinrecht bei Qualitäts- und Prädikatsweinen keine Experimente zuließ, traute sich niemand so recht an sie heran. Doch Antinori scherte das nicht, er ging das Risiko ein, seinen revolutionären Rebensaft als Vino da Tavola vermarkten zu müssen - zu einem Preis, der selbst die meisten DOCGs in den Schatten stellte. Er war damit schon etwas spät dran, denn sein Verwandter, der Marchese Incisa della Rocchetta, hatte schon Mitte der 40er begonnen, eigentlich bordeauxtypische Reben wie Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc als Versuchsanbau nach Norditalien zu holen. Zwanzig Jahre lang dienten diese der Familie lediglich als private Tischweine, dann bedrängte Antinori ihn, seine Experimente der Öffentlichkeit zu präsentieren. Anfang der 70er kam mit dem Jahrgang 1968 der erste Sassicaia auf den Markt, und wie im Summer of Love junge Menschen weltweit mit den Dogmen ihrer Elterngeneration brachen, so brach der mit der Massigkeit einer Abrissbirne ausgestattete Wein mit allen bisherigen geschmacklichen Konventionen italienischer Feinschmecker. Antinori tat es seinem Verwandten gleich, setzte mit in Italien bisher völlig unbekanntem Barrique-Ausbau sogar noch einen drauf und lancierte wenig später den Tignanello, der sich als noch deutlich kultiger erweisen sollte. Weitere Winzer sprangen nach und nach auf den Zug auf und kreierten mit Ornellaia, Masseto und Co. ein ganz eigenes Universum an Unkonventionalität. Mittlerweile ist man regulatorisch deutlich liberaler, ja die Erfolgsgeschichte einigermaßen anerkennend geworden, sodass mit dem Suvereto ein DOCG vollständig aus Merlot und Cabernet Sauvignon bestehen darf und Sassicaia als einziger Wein Italiens mit einer eigenen DOC geadelt wurde.

 

Allerdings mehren sich in letzter Zeit die Stimmen, die Supertoskaner kritisch sehen: weder würden lokale Traditionen gepflegt, noch sei der Einfluss eines spezifischen Terroirs schmeckbar. Purer Neid oder doch berechtigte Warnung vor zu viel Globalismus in der Weinwelt? Wie so vieles in ebendieser: Geschmackssache. Wer von den bleischweren Tropfen nicht überzeugt ist, der kann aber immerhin den Einsatz schätzen, der im Zuge des Hypes einer Region zukam, die bis dato nicht für Weinbau bekannt war: die Maremma im toskanischen Süden galt bis vor nicht allzu langer Zeit als recht öder Küstenstreifen, sumpfig und malariaverseucht. Auch nach der aufwändigen Entwässerung war hier nicht viel los - bis die verrückten Winzer der Supertoskaner anrückten und Goldgräberstimmung verbreiteten. Neue Rebsorten, neue Wege, alles geht - in der Maremma ist der Sangiovese nur ein Rotwein unter vielen. Rund um Grosseto ist so ein wahrer Szene-Hotspot entstanden und wer das nötige Kleingeld hat, kauft sich ein paar Hektar, um in einer der aktuell spannendsten und dynamischsten Weinregionen Italiens mitmischen zu können.

 

 

Weißweinliebhaber müssen hingegen stark sein, denn für sie hält die Toskana immer noch nicht allzu viel bereit. Der einzige von einem gewissen Ruf ist der Vernaccia di San Gimignano, der 1966 als erster Wein Italiens den Status einer DOC erhielt, 1983 dann auch den höchsten einer DOCG. Mit dem Südtiroler Vernatsch hat er nichts zu tun - der ist rot. Die Namensähnlichkeit rührt daher, dass im Italienischen „vernacolo“ schlicht so viel heißt wie „stammt aus“, also lediglich auf eine Herkunft hinweist und damit der Name unzähliger italienischer Reben ist: ohne zusätzliche geografische Angabe nicht einzuordnen. Sein üppiges florales Bukett und die charakteristische Mandelnote mögen ein wenig an Weißburgunder erinnern und kommen besonders in der Riserva-Variante gut zur Geltung. San Gimignano ist dennoch aus einem anderen Grunde sinnbildlich für den toskanischen Weinbau: hier finden sich noch etliche der spätmittelalterlichen Geschlechtertürme, Adlige Familien hatten die recht schmucklosen, dafür aber ausgesprochen hohen, das Stadtbild dominierenden Bauwerke nicht nur zum persönlichen Schutz gegen Diebe und Meuchelmörder errichten lassen, sondern auch als steingewordene Visitenkarte - je weiter sie in den Himmel ragten, desto einflussreicher die Bauherren. Als diese Art der Selbstdarstellung aus der Mode kam, suchte man sich ein neues Spielfeld: den Weinbau. Blaublütige Familien legten sich hunderte Hektar zu, das heute größte Weingut Italiens trägt nicht umsonst den Namen des uns bereits bekannten Marchese Antinori. Später taten es ihnen Textilmagnaten und an der Mailänder Börse reich gewordene Spekulanten gleich.

 

Neben dem Vernaccia di San Gimignano kultiviert man auch noch die Nummer eins der italienischen Weißen, den Trebbiano, zudem Vermentino, Malvasia und Chardonnay, die aber zumeist keine herausragenden Qualitäten erreichen und eben eher rar gesät sind. Aber verträgt sich dieser Umstand überhaupt mit der feinen toskanischen Küche? Im Grunde schon, denn diese kennt aufgrund der Mittelmeerküste zwar Fischrezepte, ist aber eher auf Fleisch- und vor allem Wildgerichten aufgebaut. Beim Gemüse bedient man sich vor allem der Bohnen, die hier traditonell angebaut werden, und der landschaftsprägenden Esskastanien. Galten diese früher als Arme-Leute-Essen, ist das nussig-süße Kastanienmehl heute die Grundlage sowohl für Brot und feine Kuchen als auch für Pasta. In Florenz als Snack zwischendurch überaus beliebt, im Rest des Landes aber wahlweise unbekannt oder mit dezentem Argwohn betrachtet wird das Lampredotto. Dafür wird der Labmagen des Rindes, der optisch an Kutteln erinnert, aber deutlich zarter ist, mit Gemüse und Kräutern in Brühe gekocht. Anschließend serviert man die Innereien mit etwas Soße in einem Panino-Brötchen auf die Hand. Als ebenso gaumenschmeichlerisch, egal ob zwischendurch oder als unkomplizierte Vorspeise, erweisen sich einige Scheiben Salame Finocchiona, die mit ihrem cremigen Fett und der pikanten Fenchelsamenwürzung geradezu nach einer gehaltvollen Weinbegleitung schreit. Wer sich ein bisschen Zeit nehmen will und kann, der sollte Ragù vom Wildschwein kosten. Oder direkt Bistecca alla fiorentina. Moment, ein einfaches Steak? Ja, aber was für eines! Die gigantischen, am Knochen gegrillten Fleischportionen stammen vom Chianina-Rind, der größten Rinderrasse der Welt, deren männliche Exemplare gut und gern anderthalb Tonnen auf die Waage bringen können. Bestrichen wird es ganz simpel mit heimischem Olivenöl - neben Wein dem zweiten flüssigen Gold der Toskana, das ebenso wie dieser meist in Hanglagen gedeiht, wo maschinelle Vollernter nicht weit kommen und Handarbeit wie anno dazumal noch immer die Regel ist. Eine Küche des Überflusses also? In gewisser Weise schon, denn ein zeitlich begrenzter Mangel wird oft als so gravierend empfunden, dass man sich seiner noch Jahrhunderte später erinnert. So wird das Pane Sciocco, ein Weizenbrot, bis heute ohne Salz gebacken, weil im Mittelalter das verfeindete Pisa eine Zeit lang mal keines lieferte. Die Königsdisziplin der hiesigen Kochkunst aber sind die Desserts. Das Cantuccini genannte knusprige Mandelgebäck, die Panforte di Siena, eine Art Lebkuchen mit Nüssen, getrockneten Früchten und Gewürzen oder die Schiaccia briaca von der Insel Elba, bei der fluffiger Hefeteig mit Wein und Likör getränkt wird, finden auch nach dem reichhaltigsten Hauptgang noch Platz im Magen. Und was könnte zu diesen himmlischen Süßspeisen besser passen als ein ebenso süßer Tropfen? Der trägt hier in der Toskana natürlich einen standesgemäßen Namen: Vin Santo, der heilige Wein - darunter macht man es nicht. Um ihn herzustellen, werden schon teilweise rosinierte Beeren auf den Dachböden der Weinbaubetriebe getrocknet - Grundlage für eine unglaubliche Aromenkonzentration. Durch die ständigen massiven Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht erhält der Wein eine zähflüssige Konsistenz und ist quasi unkaputtbar. Und was bei Sauternes oder Beerenauslese undenkbar wäre, gehört für die Italiener ganz selbstverständlich dazu: in den öligen Nektar werden Cantuccini ganz nonchalant hineingestippt.

 

Früher galt die Toskana und insbesondere Florenz als obligatorische Station auf der Grand Tour, der Bildungsreise vermögender junger Adliger zu den glorreichsten Stätten des Kontinents. Und auch heute noch pflegt man den Nimbus des vornehmen Hortes europäischer Kultur - auch wenn das Publikum mit Sting, Gianna Nannini oder Modedesigner Gianni Bulgari heute ein anderes ist, das sich als kostspieliges kleines Hobby ein eigenes Weingut in der Toskana leistet. Aber natürlich verrichten sie die ganze Arbeit nicht selbst, sondern vertrauen auf die Expertise altgedienter Kellermeister, die oft mehr Künstler als Techniker sind. Denn was Michelangelo mit seinem Marmorkoloss David gelang, der heute in Florenz bewundert werden kann, ist 500 Jahre später auch für die toskanischen Winzer der Anspruch: ikonische Tropfen, die ob ihrer handwerklichen Perfektion, überwältigenden Individualität und zeitlosen Eleganz Geist und Seele gleichermaßen ansprechen. Damit machen sie die Toskana und ihre elf DOCG-Tropfen zu einem der bedeutendsten Weinbaugebiete nicht nur Italiens, sondern der ganzen Welt.

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