Von Betrug und Fälschungen

Überall dort, wo sich mehr als ein paar Euro verdienen lassen, soviel ist sicher, lauern zwielichtige Gestalten, die mit halbseidenen Methoden versuchen, sich einen Teil vom Kuchen zu ergaunern. Die Möglichkeiten dabei sind recht vielfältig, eine der häufigsten ist der Betrug – mit seiner Königsdisziplin, der Fälschung wertvoller Gegenstände. Gefälscht wurde schon immer und überall: ob Münzen, wichtige Urkunden und Dokumente oder Gemälde – und eben auch Wein.

Schon in der griechischen und römischen Antike wurde Wein munter gepanscht und künstlich aromatisiert, wovon zahlreiche landwirtschaftliche Werke aus dieser Zeit Auskunft geben. Es kann allerdings als strittig gelten, ob hier von Fälschung oder doch eher von Verfälschung die Rede ist, denn im vielgerühmten römischen Bürokratismus gab es tatsächlich so gut wie keine Regelungen in Bezug auf den Weinbau, was die Anreicherung mit diversen Aromastoffen also nicht verbot. Außerdem galt etwa die Streckung des Weines mit Wasser, die wohl älteste Verfälschungspraktik, den Griechen als ein geradezu lobenswertes Symbol der Mäßigung. Ein Unrechtsbewusstsein wird damals folglich noch nicht vorgeherrscht haben, was etwa die Ausführungen des konservativen und staatstreuen Muster-Römers Cato des Älteren belegen, der in seinen Schriften ganz ohne Scham Hinweise für Winzer gab, die ihre Erzeugnisse etwas aufhübschen wollten.

In der Regel waren die Methoden der Blender für den Verbraucher recht harmlos. Dies änderte sich in der frühen Neuzeit, als der monetäre Aspekt in den Vordergrund drängte. Weine wurden zu dieser Zeit nach dem Geschmack der Konsumenten mäßig bis stark gezuckert; für die besseren verwendete man Rohrzucker, der aufgrund des Importes aus Übersee allerdings sehr teuer war. Der Rest wurde mit Bleiacetat, auch Bleizucker genannt, gesüßt – immer noch völlig legal. Ins Grab gebracht haben soll das so einige, wenn auch nicht ganz klar ist, ob deren Tod tatsächlich auf eine Bleivergiftung zurückzuführen ist oder aber einfach nur auf exorbitant hohen Alkoholgenuss. Als berühmtestes Opfer kann Ludwig van Beethoven gelten, den seine Schwäche für billige Weißweine 1827 im Alter von 56 Jahren das Leben kostete.

Um diese Zeit herum explodierte das Pansch-Geschäft in Europa förmlich: in Frankreich presste man aufgrund reblausbedingten Traubenmangels Wein aus Rosinen und verschnitt edle Bordeaux-Tropfen für den Exportmarkt mit stärker alkoholischen Rotweinen anderer Gebiete. Für den berühmten ungarischen Süßwein Tokajer existierten dutzende Fälschungs-Anleitungen und um die Nachfrage nach dem Lifestyle-Getränk der damaligen Oberschicht, dem Portwein, befriedigen zu können, wurden 0815-Weine mit allen möglichen Gewürzen wie Zimt, Ingwer und Pfeffer versetzt. Eine alte Technik, die ehemals dazu erfunden wurde, jungen Weinen den Charakter von lange gereiften Exemplaren zu geben, ist heute jedoch völlig anerkannt und wird auf legale Weise millionenfach angewandt: der Ausbau im Barrique-Fass.

Auf dem heutigen Markt lassen sich einige Gesetzmäßigkeiten ausmachen: so werden erwartungsgemäß überwiegend hochpreisige Weine gefälscht, die aber meist noch eher jüngeren Datums sind, da mit höherem Alter die erforderliche Kunstfertigkeit deutlich ansteigt und so auch sichergestellt ist, dass die Spanne zwischen Kauf und Konsum noch Jahre bis Jahrzehnte beträgt. Holzhammermethoden wie etwa das Erzielen einer kräftigeren Farbe durch Zugabe von Rinderblut sind heutzutage jedoch aus der Mode. Stattdessen wird Feinarbeit betrieben, etwa der Flaschenboden mit einem winzigen Bohrer durchlässig gemacht, auf diesem Wege der Inhalt über ein Pumpverfahren ausgetauscht und das Loch später wieder mit einem speziellen Kleber verschlossen. Der legale Markt müht sich indessen, mit den Fälschern Schritt zu halten, wobei er vor dem großen Problem steht, den Wein untersuchen zu müssen, ohne jedoch den Korken zu entfernen. Zur Anwendung kommt dabei eine sehr kleine Nadel, mit deren Hilfe durch den Korken hindurch eine geringe Menge Wein entnommen und dann labortechnisch untersucht wird. Als geschichtlicher „Glücksfall“ erweisen sich vor diesem Hintergrund gerade die Atombombenabwürfe der Amerikaner auf Japan 1945, durch die erstmals Cäsium-137 in die Atmosphäre gelangte. Analysiert man den Wein und stellt ebendieses in ihm fest, kann man sicher gehen, dass es sich um einen Nachkriegswein handeln muss, egal, was auf dem Etikett stehen mag.

Bestimmte Faktoren begünstigen das Geschäft mit den Imitaten: neben der zeitlosen menschlichen Gier sind dies vor allem der Internethandel und die Nullzinspolitik, die viele nach alternativen Anlegestrategien Ausschau halten lässt. Auch die vergleichsweise riesige Gewinnspanne in Relation zu geringen Strafen und niedrigem Risiko einer Enttarnung führten in den letzten Jahrzehnten zu einer wahren Schwemme an Pseudo-Raritäten. Da es ziemlich schwierig ist, Weinflaschen im Hinblick auf Glasfarbe, verwendetes Papier oder Schriftart und -größe auf Korken und Etikett perfekt zu imitieren und dann auch noch künstlich altern zu lassen, gehen Fälscher immer öfter dazu über, bereist ausgetrunkene Flaschen von Spitzenweinen aufzukaufen, mit billigem Wein wieder aufzufüllen und dann lediglich neu zu verkorken. So erzielt Leergut aus dem Hause Château Lafite-Rothschild in China gut und gerne 500 Dollar. Oder man ist gleich noch eine Spur tollkühner und kreiert Weine, die so niemals im Original produziert wurden. Solche vor den 70ern produzierten Meursaults oder 45er Romanée-Contis in der Magnumflasche werden als „Einhörner“ bezeichnet, schön anzusehende Fabelwesen, die es aber gar nicht gibt.

Insbesondere der letztere der angesprochenen Weine hatte es Rudy Kurniawan angetan, was diesem wohl berüchtigsten Akteur der internationalen Fälscherszene den augenzwinkernden Spitznamen „Dr. Conti“ einbrachte. Der findige Indonesier mit der Vorliebe für die ganz großen Namen ist bekannt für seine Husarenstücke, etwa den Verkauf von acht Magnumflaschen 47er Château Lafleur, obwohl in diesem Jahr bloß fünf Stück abgefüllt worden waren. Sein Geschäftsmodell basierte auf der Neuetikettierung zwar alter, aber doch billiger Burgunder mit den Namen großer Häuser. Gerüchten zufolge sollen sich noch etwa 10 000 Flaschen aus Kurniawans Produktion in Sammlerhänden befinden, ohne dass die Besitzer davon ahnen; rund 20 Millionen Dollar soll er mit seinen Betrügereien gemacht haben.

Noch aberwitziger trieb es nur der für seine dekadenten Weinproben bekannte Hardy Rodenstock, der sich damit rühmte, die in einem Pariser Keller eingemauerte Weinsammlung des späteren US-Präsidenten Thomas Jefferson aus dessen Zeit als amerikanischer Botschafter in Frankreich aus den Jahren 1785 bis 1789 aufgestöbert zu haben. Einzelflaschen aus dem Bordeaux-Schatz erzielten astronomische Preise, ein Château Lafite ging für über 100 000 Pfund über den Auktionstisch. Doch das Misstrauen der Konkurrenz lässt nicht lang auf sich warten: per Radiokarbonmethode wurde festgestellt, dass der angeblich 200 Jahre alte Rebensaft aller Wahrscheinlichkeit ein Nachkriegserzeugnis ist.

Ganz verhindern, beim Bestücken des Weinkellers einem Betrug aufzusitzen, wird man wohl nicht können. Aber zumindest den Fälschern das Handwerk schwerer machen: so raten Weinexperten, nach dem Genuss eines alten Tropfens die Flasche entweder gleich zu zertrümmern oder aber zumindest alle Mittrinker das Etikett signieren zu lassen. Text: Dario Sellmeier

Newsletter

Keine Beiträge mehr verpassen.

Entdecke unsere Weine

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Battenfeld Spanier Frauenberg Riesling GG 2022 BIO

H.O. Spanier hat die berühmte Lage Frauenberg aus der Vergessenheit zurück ins Bewusstsein der Weinliebhaber geholt.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Château de Luc Cuvee Cecile BIO

Cuvée aus Grenache Noir, Carignan und Syrah.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Dönnhoff Höllenpfad im Mühlenberg Riesling GG 2022

Ein herrlicher trockener Riesling mit großer geschmacklicher Tiefe.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Battenfeld Spanier Zellerweg am schwarzen Herrgott Riesling 2019 BIO

Battenfeld Spanier Zellerweg am schwarzen Herrgott Riesling 2019.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Von Winning Riesling Jesuitengarten GG 2020

Von Winning Riesling Jesuitengarten GG 2020.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Van Volxem Scharzhofberger Riesling Großes Gewächs 2019 MAGNUM

Van Volxem Scharzhofberger Riesling Großes Gewächs 2019 MAGNUM.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Domaine des Sénons Gaudii Valles Chardonnay 2022 BIO

Das Geschmacksprofil ist rassig, klar und von Elementen nasser Steine geprägt.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Dehesa de Luna Luna Lunera Tempranillo Syrah BIO

Intensive Aromen nach schwarzen Früchten.

Mehr erfahren ...