Steine und Weine

Steine und Weine

Im neuen Jahr lehnt sich der Bär mal weit aus seinem Höhlenfenster, um zu behaupten: „In keinem anderen europäischen Land, auch nicht in Italien, gibt es derartig vielfältige geologische Grundlagen für Weinbau wie in Spanien.“

Zwar besteht die Iberische Halbinsel vor allem aus mehr oder weniger kalkhaltigem Sandstein; eine durchaus spannende Gesteinskombination findet man immer wieder: Schiefer und Granit, abwechselnd auf engstem Raum. In Ribeira Sacra, in Monterrei, etwas weiter unten in Arribes del Duero; in der Sierra de Francia (auf Beamtenspanisch: Sierra de Salamanca), in der Sierra de Gredos, in Calatayud, in Empordà – nicht aber im Priorat, da dort Schiefer auf Sandstein trifft. Für Weinschnüffler ist das spannend, weil man die gleichen Rebsorten, geerntet in derselben Region, aber halt von verschiedenen Gesteinsformen im Glas haben kann, dann und wann auch vom gleichen Erzeuger.

Unbekannte Regionen gemäß ihrer Bedeutung zu klassifizieren, ist ein gar mühsames Unterfangen. Lassen wir es einfach! Die Region, welche der Bär in der vorweihnachtlichen Ruhe heimsuchte, findet man vor den Toren Madrids, sie nennt sich Sierra de Gredos. Allerdings sind dies mehrere Regionen in einer Gegend, wobei einzig die Ecke um Cebreros beide Gesteinsformen vorrätig hält. Die Sierra de San Vicente besteht aus einer Handvoll Weinberge, einer Handvoll Weinbauern und vier virtuellen Bodegas, von denen keine in der Handvoll (es sind sogar noch weniger) Orte wirklich Wein keltert. Jiménez-Landi macht dies in Méntrida, Canopy irgendwo vor den Toren Toledos, Dani Landi dort, wo er einen freien Keller findet und Viajes Marsans ist (war) eine Reiseagentur, die sich ein Weingut hält. Der Teil der Sierra de Gredos, der auf die Provinz Madrid entfällt und daher in der D.O. Vinos de Madrid untergebracht ist, funktioniert ähnlich, so man jeweils eine Handvoll durch zwei Handvoll ersetzt. Viel mehr passiert auch dort nicht.

Die wirklich spannende Region ist Cebreros, zudem entsteht hier gerade eine neue Denominación de Origen, die wohl D.O. Cebreros heißen wird. Wieder einmal eine der Makroregionen, die spanische Beamte so lieben: fast vierzig Orte, mit einem mächtigen Gebirge in der Mitte; komplett unterschiedliche klimatische und geologische Gegebenheiten an den unterschiedlichen Enden der Region; so, wie auch viele andere Weinbauregionen organisiert sind.

Da die Gründungsformulare samt Regelwerk komplett ausverhandelt sind, wird diese D.O. wohl genau so kommen. Und sie wird, wenn es denn gelingt, alle Weinberge zu integrieren, in Kastilien einiges bewegen. Denn hier stehen Reben auf etwa viertausend Hektar, nur drei kastilische Denominaciones de Origen sind größer. Sechzig Prozent aller spanischen Weinbauregionen sind kleiner als dies D.O. fut. Cebreros! Das Potential ist enorm! Vor zehn Jahren waren hier indes noch mehr als zehntausend Hektar mit Reben bestockt. Man sollte die spanischen Weinbaufunktionäre mal fragen, in welcher Höhle sie die letzten zwei Jahrzehnte verbrachten….

Den Weingenießer soll das erst einmal nicht weiter stören, denn fast alle Weingüter, die Weine aus Cebreros keltern, sitzen in oder nahe des Ortes Cebreros und arbeiten mit Trauben, die in oder nahe Cebreros gelesen werden.

Und genau hier befindet sich das Schiefereinsprengsel. Es ist kein wirklich großer Teil, es handelt sich mehr oder weniger um genau einen großen Bergrücken: La Movida. Dies ist roter Schiefer, Häuser kann man damit nur schlecht decken, auch ist der Ölanteil zu gering, um Benzin herzustellen. Es gibt Parzellen, die nach Norden abfallen, der Großteil hingegen bekommt die volle Nachmittagssonne ab. Ein paar hundert Meter weiter steht ebenfalls Garnacha, etwas anderes gibt es in La Movida eigentlich nicht, aber halt auf Granit, mit einer sandigen Krume, wenn überhaupt.

Blindverkostungen braucht man hier eigentlich nicht zu machen, den Unterschied zwischen Schiefergarnacha und Granitgarnacha erkennt man sofort, das schaffen sogar Verkoster, die für amerikanisch-chinesische Weinmagazine arbeiten! Natürlich sind die Granitgarnachas kühler, mineralischer, nicht unbedingt alkoholärmer, möglicherweise sind sie langlebiger als die Schieferweine mit ihren wilden Tanninen und den süßlichen Aromen.

Wie diese Weine reifen, ist noch immer ein großes Rätsel, um das zu beurteilen müssen wohl noch ein paar Jahre ins Land gehen. Denn auch wenn Telmo Rodríguez mit seinem Projekt Viñas Viejas de Cebreros, auch als Arrebatacapas bekannt, bereits im Jahr 1998, begann, rückten die Weine dieser Region erst knapp ein Jahrzehnt später ein wenig gen Licht. Telmo macht genau das, was man dort erwartet: es gibt eine Garnacha von Schieferböden und eine Garnacha von Granitböden, wobei für letztere die Trauben an verschiedenen Stellen von Cebreros eingesammelt werden. Da dieses Projekt für Señor Rodríguez nicht gerade Pilotcharakter hatte (auch wenn mit Carlos Sainz ein Rallypilot beteiligt ist), wurde die Ecke der Sierra erst dann bekannter, als Daniel Jiménez-Landi einen Wein auf den Markt brachte, der sich El Reventón nennt. Da nun einmal überall dort, wo Dani Landi ist, auch Canopy nicht weit ist, gibt es auch von Alfonso und Belarmino einen Schiefercebreros, ebenfalls aus der Hanglage El Reventón. Allerdings heißt der Wein nicht so, man taufte ihn auf den Namen Ka-os.

An diesen beiden Weinen, aber auch an jenen, die Guillermo und Carlos in Granachas Únicas keltern, kann man die Entwicklung der Schieferweine gut nachvollziehen. Die ersten Jahrgänge waren nicht nur dick und fett, sondern auch alkoholüberladen, und, wenn man ganz nüchtern an die Sache herangeht, nicht wirklich spannend. Ein Glas ja, das zweite, wenn es denn sein muss; ab dem dritten Glas begannen die Weine zu langweilen. Im Prinzip hatten alle Weinmacher ihre auf Granit gesammelten Erfahrungen eins zu eins auf Schiefer übersetzt – und das ging schief. Beginnend mit dem Rebschnitt, so dann mit der Laubarbeit und dem Erntezeitpunkt – all das muss sorgfältig gewählt werden. Die letzten Jahrgänge all dieser Weine sind deutlich eleganter geworden, ohne aber an Charakter und Terroirtypizität Einbußen zu erleiden. Man kann bekritteln, dass man sich dem Mainstream nähert. Akzeptiert! Nur: wenn Bären zwischen untrinkbaren Weinen und jenen, die etwas gefälliger sind, wählen müssen, fällt die Entscheidung nicht wirklich schwer.

Wenn man nun erschmecken will, wie sich die verschiedenen Bodentypen auf die Weine auswirken, dann reduziert sich die Auswahl der Kandidaten deutlich. Daniel Ramos, Australier, seit langem in Spanien lebend, keltert in jeder Hinsicht extreme Weine. Für den Einstieg sind sie dann doch zu kompliziert. Dani Landi und Canopy keltern zwar jede Menge Granitgarnachas, aber keiner dieser Weine stammt aus Cebreros. Letztendlich bleiben dann gerade einmal drei Weingüter übrig, die sowohl über Schiefer- als auch über Granitlagen verfügen: Telmo, Garnachas Únicas sowie eine Minibodega aus Cebreros, die sich RuBoR Viticultores nennt. Das sind zwei Weinmacher, Rubén Diaz und Orly Lumbrares, beide besitzen eigene Weinberge, die Weine werden jedoch in nur einer Bodega ausgebaut, teilweise getrennt, teilweise gemischte Maische. Der Groove und der Cuesta de Tejar sind die beiden Protagonisten dieses Weingutes. Die Trauben für den Groove stammen aus einer Granitlage, welliges Land, keine Krume, etwa achtzig Jahre alte Rebstöcke. Rubén hat die Parzelle halb aufgegeben übernommen, seit drei Jahren arbeitet er an der Wiederbelebung. Daher gibt es trotz insgesamt mehr als zwei Hektar Rebfläche gerade einmal gut zweitausend Flaschen. Den Gegenpol markiert der Cuesta de Tejar, Schiefer, nach Südwesten abfallender Hang, etwa gleichalte Stöcke. Allerdings begannen Rubén und Orly ein paar Jahre später als die Reventón-Pioniere, die Irrtümer der Anfangsjahre haben sie gar nicht erst begangen. Man schmeckt, dass auch Schiefergarnachas elegant sein können.

Diese drei Bodegas bilden so etwas wie die Basis. Es gibt aber jede Menge Weinberge, deren Ernte derzeit noch in großen Hallen zu seelenlosen alkoholhaltigen Getränken verarbeitet werden. Sollten sie alle eine Basis für neue, wirklich gute Weine werden, dann könnte man das Zittern des Priorat bis nach Neufundland, Neuengland oder Neuseeland spüren. Text: El oso alemán

Newsletter

Keine Beiträge mehr verpassen.

Entdecke unsere Weine

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Etienne Sauzet Bienvenues-Bâtard-Montrachet Grand Cru 2021 BIO

Die Domaine Etienne Sauzet besitzt in dieser kleinen renommierten Einzellage 0,12 Hektar Rebland.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Dönnhoff Kreuznacher Krötenpfuhl Riesling GG 2019

Dönnhoff Kreuznacher Krötenpfuhl Riesling GG 2019.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Larmandier-Bernier Champagne Vieille Vigne du Levant Grand Cru 2013 Extra Brut BIO

Larmandier-Bernier Champagne Vieille Vigne du Levant Grand Cru 2013 Extra Brut BIO.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

1945 Martinez Gutierrez Gran Reserva

1945 Martinez Gutierrez Gran Reserva.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Chateau Maucoil Chateauneuf-du-Pape rouge BIO

Konzentrierte Frucht, sehr elegant und fast mineralisch.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Fulcro A Pedreira Albariño 2022

Ein eleganter Albariño Riese!

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Van Volxem Scharzhofberger Riesling Großes Gewächs 2020 MAGNUM

Van Volxem Scharzhofberger Riesling Großes Gewächs 2020 MAGNUM.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Schloss Lieser Juffer Sonnenuhr Riesling GG 2022

Die Großen Gewächse von Schloss Lieser aus dem Jahr 2022 sind das Ergebnis eines bemerkenswerten Wachstumsjahres.

Mehr erfahren ...