Luis Ánxo Rodríguez Vázquez

Luis Ánxo Rodríguez Vázquez

Nähert man sich Arnoia von Down-Dorf Ribadavia, so muss man zunächst den Avia kreuzen, dann den Miño, dann eine kleine Steigung erklimmen und ein paar Kurven überwinden, um schließlich an einer Art Aussichtsplattform das Weinbaugebiet Arnoia, Teil von Ribeiro, zu überblicken. Still ruht es da, eigentlich besteht es nur aus einer langgezogenen Straße, an der sich die Dorfteile wie Perlen an einer Schnur aneinanderkuscheln: A Reza, Porqueira, San Amaro, Sendín, A Laxa, Os Chaos, Oteiro, Carnos – das alles ist aber nur der nördliche Teil des Ortes, weiter unten sind es noch einmal mindestens genausoviele Teildörfer.

Rebstöcke findet man oberhalb der Straße, am Hang, der dann und wann durchaus steil ist, aber auch weiter unten, in der hügeligen Tiefebene, die bis an den Arnoia-Bach oder an den Miño reicht, je nachdem, wo man wandert. Anders als an vielen Stellen der Weinwelt gilt hier nicht: oben hui, unten pfui; die Parzelle Goliano etwa, sie gilt als eine der besten Lagen in ganz Ribeiro, ruht nahe des Flusses, aber weder Frühtau noch Feuchtnebel können den Stöcken etwas antun. Weiter oben am Hang ändert sich die Bodenstruktur, es gibt sogar Stellen, an denen Reben auf purem Kalk stehen. Luis Ánxo Rodríguez Vázquez hat dort die blaue Sorte Ferról gepflanzt, ein eher heller Wein mit, nun ja, jede Menge Kalknoten. Den Wein kann man so indes nicht genießen, man muss schon das Glück haben, genau zu dem Zeitpunkt in der Bodega aufzuschlagen, an dem die Cuvées noch nicht erstellt sind, oder aber wenn gerade mal wieder ein Experiment ansteht und ein Fass dieser Sorte im Keller ruht.

Lagenweine aus Arnoia gibt es nicht, nicht nur in der Bodega von Luis Ánxo, sondern in keiner der zwölf kleinen und kleinsten Bodegas, die alle auf ihre Art und Weise versuchen, Arnoia in Flaschenform zu präsentieren.

Der einzige Wein dieser Bodega, der so nicht ins Konzept passt, ist der A Teixa, denn dies ist ein klassischer Lagenwein. Die Parzelle, Hanglage, gen Süden abfallend, Granitverwitterungskrume über Granit, etwa zwei Hektar groß, bestockt mit Treixadura (fünfundneunzig Prozent), Godello (drei Prozent) und Albariño (der Rest), befindet sich eben nicht in Arnoia, sondern in Hauptort der Weinbauregion Ribeiro, in Ribadavia. Der Weinbauer, der sie anlegte und in den ersten Jahren kultivierte, starb vor einiger Zeit, die Erben gaben die Parzelle in Pflege, Luis Ánxo ist dort seit dem Jahr zweitausend und zwölf der Rebendompteur.

Dass Treixadura dominiert, ist nicht gerade erstaunlich, ist dies doch, wenn man von Palomino als Massenträger einmal absieht, die klar dominante Rebsorte der Region. Sie erbringt eher ölige, dichte, stoffige Weine, die oftmals Jahrzehnte halten, aber auch erst einmal Jahre brauchen, um trinkbar zu werden. Mit den anderen Rebsorten ist das einfach: wenn man weiß, dass da Godello und Albariño sind und wenn man Godello und Albariño geschmacklich gut zuordnen kann, dann wird man irgendwann Nuancen finden, die man beiden Sorten zuschreiben kann. Weiß man es nicht, wird man diese Sorten im A Teixa sicher nicht herausschmecken.

Dieser Wein war der erste in der Kellerei von Luis Anxo, für den Gebinde angeschafft wurden, die nicht Barrique oder Stahltank heißen: zunächst ein Fuder mit einem Fassungsvermögen von zweitausend und dreihundert Litern, zwei Jahre später noch eines. Das ergibt dann immer etwa sechstausend Normalflaschen und ein paar Magnums, der Rest der Ernte wird irgendwo verwendet, in Hausweinen, in Sonderabfüllungen für die lokale Gastronomie oder für einen Händler aus Galiza. Denn mit den Weinen aus Arnoia will Luis Ánxo das Zeuch aus Ribadavia nicht mischen. Arnoia ist und bleibt eine Welt für sich.

Zurück zu dem Aussichtspunkt! Was sofort ins Auge fällt, ist die extreme Parzellierung der Weinberge. Fünf Linien irgendwas, dann kommt etwas ganz anderes, ganz klar von zwei verschiedenen Weinbauern beackert, dann ein paar Stöcke blaue Sorten, dann wieder Palomino, einfach zu erkennen, da Einzelstockziehung, Riesenblätter und geschätzt zehntausend Kilo pro Rebstock. In Rías Baixas reicht die durchschnittliche Parzellengröße an dreitausend und siebenhundert Quadratmeter heran, nicht sonderlich groß, aber immerhin. In ganz Ribeiro sind es gut zweitausend Quadratmeter, wobei ein paar ernsthaft große Parzellen das Bild verfälschen. In Arnoia beträgt die durchschnittlich Parzellengröße zweihundert Quadratmeter. Zwanzig große Schritte längs und derer zehn quer!!! In einen Hektar gehen also fünfzig solcher kleinen Weinberglein, wobei das Wort „Durchschnitt“ schon vermuten lässt, dass es da auch deutlich kleinere Parzellen gibt. Luis Ánxo verfügt über sechs Hektar Rebland… Stand Sommer zwanzig neunzehn waren dies einhundert und sechsundachtzig Parzellen. Ufff… Nun gut, manche liegen nebeneinander, können also als eine größere Parzelle betrachtet werden. Oftmals jedoch befindet sich dann mitten in dieser Ansammlung eine kleine Parzelle, in der Palomino wuchert, gepflegt von einem Weinbauern, der ein intimer Freund der chemischen Industrie ist. Wenn man sich nicht an die äußersten Ränder des Ortes zurückzieht, kann man in Arnoia keine Ökoweine keltern, irgend etwas passiert immer. Aber selbst das ist keine Garantie, denn der äußerste Rand, in der Regel oben am Hang gelegen, grenzt an Wald, an dichten Wald. Dort leben zwar keine Räuber, auch keine Schmuggler, aber jede Menge Tiere, die gerne einmal Trauben als Nachtisch auf dem Speiseplan haben.

Fasst man die Parzellen zu größeren Gebilden zusammen, so kommt Luis Ánxo etwa auf derer vierzig, will sagen, bei jeder Behandlung der Stöcke, muss das Material von einer „Groß“lage in die nächste geschleppt werden. Wenn dann doch einmal Rebkrankheiten auch in seinen Parzellen zuschlagen, dann deshalb, weil man nicht hinterherkommt mit dem Behandeln. Und da arbeiten schon sechs Personen (plus Luis Ánxo), will sagen eine Person pro Hektar. Mehr geht nicht, die Kosten würden explodieren.

Dazu kommt, dass hier viele verschiedene Rebsorten kultiviert werden, eine jede treibt zu einer anderen Zeit aus, blüht zu einer anderen Zeit, ist anfällig gen Krankheiten zu einer anderen Zeit. Das alles erfordert eine durchaus ausgefeilte Koordination, man kann nicht wegen sieben Stöcken Godello mal eben durch halb Arnoia rasen.

Abgesehen von Palomino, der Massenträger, der nach der Reblauskatastrophe gesetzt wurde und sich bester Gesundheit und bester Erträge bei ausbleibender Qualität erfreut, gibt es in Arnoia vor allem Treixadura, aber auch eine durchaus stattliche Menge Albariño. Diese beiden Sorten plus Lado, eine Rebsorte, die es früher wohl nur in Arnoia und im Nachbardorf Cortegada gab, inzwischen findet man sie jedoch auch im Norden von Ribeiro, bestimmen die Weine des Ortes. Dazu kommen dann noch Godello und Loureira, Torrontés und Caiño blanco. Die blauen Sorten werden von Brancellao angeführt, wenn man auch hier den Massenträger, Alicante Bouschet, außen vor lässt. Dann folgen Caiño largo und Caiño redondo, etwas Ferról sowie ein klein wenig Sousón, aber viel weniger als etwa im Tal des Avia oder weiter Miño-abwärts, in Condado do Tea.

Sowohl weiß als auch rot gibt es bei Luis Ánxo in drei Kategorien: Escolma (galego für Gipfel), die normale Qualitätsstufe, sowie ein Einstiegswein, genannt Eidos Ermos, in dem alles landet, was aus Arnoia stammt, aber sonst zu nicht viel zu gebrauchen ist. Aber auch so gibt es den einen oder anderen erstaunlich guten Eidos Ermos. Manche Weingüter der Region wären froh, wenn ihr Top-Wein dieses Level erreichen würde.

Der weiße „Normalwein“ nennt sich Viña de Martín Os Pasás (Pasás sind Schritte oder Stufen), lange Zeit war dies der mit Abstand wichtigste Wein der Bodega. Eine der vielen festen Regeln in dieser Bodega besagt, dass alle jungen Parzellen erst einmal für den Os Pasás genutzt werden, um Escolma-Trauben liefern zu können, muss schon zumindest knapp ein Jahrzehnt ins Land gehen. Solange das Etikett die Rebsorten noch auflistete, stand dort „Treixadura, Lado und Albariño“, die Minimengen Torrontés und Loureira tauchten nicht auf. Die Trauben werden sowohl unten als auch oben gelesen, wobei unten dominiert, denn weiter oben am Hang hat Luis Ánxo vor allem blaue Sorten stehen, die halten Feuchtigkeit weniger gut aus als die weißen. Drei Viertel entfällt auf Treixadura, in der Restmenge ist Lado die wichtigste Sorte. Gelesen wird alles auf einmal: sobald der Treixadura reif ist, wird eingesammelt. Albariño ist dann schon gut reif, während der dann meist noch etwas grüne Lado etwas mehr Säure mitbringt. Ausgebaut wird der Wein nur in kleinen Stahltanks, die Moste vergären ohne Zusatz von kommerzieller Hefe, eine malolaktische Säureumwandlung findet nicht statt. Etwa zehn Monate nach der Lese wird abgefüllt. Bis einschließlich Jahrgang zwanzig achtzehn kam dieser Wein ein Jahr nach der Ernte auf den Markt. Beginnend mit Jahrgang zwanzig neunzehn sollen da noch zwölf Monate Flaschenlage eingeschoben werden, der Wein soll trinkfertiger auf den Markt kommen.

Die Menge des Viña de Martín Escolma war lange Zeit auf zwischen eintausend und fünfzehnhundert Flaschen limitiert, ein Großteil der Ernte kam aus der „Groß“lage Goliano, im Jahr zweitausend und drei kelterte Luis Ánxo sogar einmal einen „Groß“lagen-Lagenwein dieser Parzelle. Inzwischen ist die Produktion auf etwa sechstausend Flaschen angestiegen. ¿Hep? Nun, alles, was Luis Ánxo seit dem Jahr zweitausend neu bestockte, sollte der Produktion des Escolma dienen. Da aber erst einmal zehn Jahre ins Land gehen mussten, um die Trauben für diesen Wein nutzen zu können, plus drei Jahre, bis es überhaupt erst einmal ordentliche Trauben gibt, stieg zunächst einmal die Produktion des Os Pasás an. Seit dem Jahrgang zwanzig fünfzehn gibt es immer mehr Trauben für den Escolma, wobei die sechstausend Flaschen schon eine Art Obergrenze bilden Denn für mehr bräuchte man auch mehr Personal. Im Escolma ist der Anteil des Treixadura etwas geringer als im Os Pasás, etwa zwei Drittel entfallen auf diese Sorte. Außerdem ist Albariño hier wichtiger als Lado, die andren weißen Sorten spielen keine Rolle. Der weiße Escolma wird komplett in großen Barricas ausgebaut, in ihnen vergärt der Most, in ihnen reift der Wein ein Jahr lang. Dies bedeutet aber auch, dass etwaige schlecht gereifte Fässer nicht für den Os Pasás genutzt werden können, denn zum einen ist der dann schon komplett abgefüllt und zum anderen wird der Os Pasás nicht in Barricas ausgebaut. Mit Fässern, die nicht optimal reifen, passiert dann halt irgend etwas.

Klar verändert hat sich die Reifedauer. Anfangs reifte der weiße Escolma, wie auch sein roter Bruder, ein Jahr in Barricas und ein weiteres Jahr in der Flasche, ehe er auf den Markt kam. Daraus wurden nach ein paar Jahren zwei Jahre Flaschenreife, etwa weitere fünf Jahre später sogar drei Jahre Flaschenreife. Auch so ist der Wein, sobald er auf den Markt kommt, noch immer extrem jugendlich. Erntejahr plus zehn, das ist eine gute Hausnummer, nur: wer lagert solche Weine schon so lange? Fazit: geschätzt neunzig Prozent des Viña de Martín Escolma wird latent zu früh getrunken.

Für die beiden Rotweine werden Brancellao, Ferról, Caiño largo sowie Caiño redondo genutzt, Brancellao dominiert immer, der Anteil der anderen drei Sorten hängt vom Reifeverhalten in den Weinbergen ab. Den A Torna dos Pasás Escolma gibt es nur in ausgezeichneten Jahren, die Jahrgänge zwanzig dreizehn und zwanzig vierzehn entfielen komplett. So es nahe der Lese kräftig regnet, ist Gefahr im Verzug, die Trauben schimmeln schnell. Sousón, die „Wunderwaffe“ des Nordens, funktioniert in Arnoia nicht. Brancellao ist sowohl für Frucht als auch für Eleganz zuständig; Ferról bringt Säure, Caiño erneut eher Frucht, insbesondere Blaubeeren. Auch hier werden alle Trauben gemeinsam gelesen, Brancellao bestimmt den Erntezeitpunkt.

Der Ausbau dieses Weines hat sich im Laufe der Jahre ebenfalls verändert. Anfangs reifte der Wein nur in kleinen Barricas, doch da geriet das Holzaroma zu intensiv. Größere Barricas waren unpraktisch, sie passten nicht ins Lager. Daher kaufte Luis Ánxo einen dreitausend Liter fassenden Holztank, in dem der Wein seit dem Jahrgang zwanzig siebzehn ausgebaut wird. So es denn genug Trauben für diesen Wein gibt, das Tankvolumen ist schon etwas großzügig kalkuliert. Im Jahr zwanzig achtzehn war die Ernte zu knapp, die alten Barricas kamen wieder zum Einsatz. Die Fassreifedauer war früher auf ein Jahr begrenzt, inzwischen ist diese Ziffer variabel, sie hängt vor allem von dem Ernteverlauf des Folgejahres ab: so die Menge zu gering ausfällt, bleibt der Vorgänger etwas länger im Holztank, um diesen nicht zu lange leerstehen zu lassen. Auf die Gesamtreifezeit wirkt sich dies nicht aus, da der rote Escolma auch erst vier Jahre nach der Lese auf den Markt kommt. Auch dieser Wein braucht Zeit zum Reifen.

Der A Torna dos Pasás hängt immer ein wenig von dem ab, was in Sachen Escolma geschieht. In den Jahren, in denen es keinen Escolma gab, landeten viele Trauben im A Torna dos Pasás, die sonst dort nicht landen. So die Ernte knapp ist, wird erst einmal all das, was wirklich gut ist, für den Escolma genutzt, und all das, was eher wenig taugt, für den roten Eidos Ermos. Das, was nicht nach oben gehoben und nicht nach unten verschoben wird, bildet die Basis des A Torna dos Pasás. Eine grobe Hausnummer: fünfzig Prozent Brancellao, zwanzig Prozent Ferról, der Rest entfällt auf die beiden Caiño-Sorten. Dieser Wein reift nach wie vor etwa ein Jahr in kleinen, gebrauchten Barricas, danach wird abgefüllt, dann folgt ein Jahr Flaschenreife. Interessanterweise hält sich dieser Wein ziemlich gut, zehn oder zwölf Jahre machen ihm gar nichts aus. In normalen Jahrgängen gibt es von diesem Wein immer so um die achttausend Flaschen. Text: el oso alemán

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