Spaniens Internationale …

Rebsorten

So, if you come to San Francisco, be sure to wear a flower in your hair. Schon seit Zeiten beschäftigen sich Menschen damit, was man denn auf Reisen dabei haben sollte. Wanderer, kommst Du nach Spa…, titelte einst Heinrich Böll, wobei dies die Überschrift einer eher grausamen Erzählung über den grausamen Krieg war. Verpositivieren wir sie: Wanderer, kommst Du nach Spanien, so bring einen Rebstock mit. Er muss ja nich gleich im Haar stecken, was bei der aktuellen Kurzkurzkurzhaarmode zumindest Männern schwer fallen würde. Hipsternde können den Rebstock ja im Bart fixieren….

Genug gealbert, kommen wir zum Thema. Spanien befindet sich, auch wenn das viele Spanier anders sehen, am Rand der Welt. An drei Seiten ist Meer (oder Portugal), in einer Ecke türmen sich hohe Berge. Und dennoch: Wanderbewegungen haben den spanischen Weinbau schon immer fest im Griff gehabt. Seien es die Griechen oder Römer gewesen, oder aber ein paar Monde später Mönche aus Cluny, von der Loire oder aus Mittelfranken, Abenteuerlustige oder wer auch immer: zu allen Zeiten kamen Rebsorten vornehmlich aus Frankreich, Italien, Griechenland oder Ägypten gen spanische Halbinsel, um dort sesshaft zu werden. Manche reisten weiter, nach Kanarienland oder gen Südamerika. 

Mencía verdankt Spanien dieser Wanderbewegung, ein Großteil der Weißweinsorten Nordspaniens, die nicht durch Mutation oder Kreuzung entstanden, kommen aus Frankreich, oder aus Portugal, wobei letzteres in diesem Sinne ja auch spanisch ist.

Da es, Landweg angenommen, nur zwei Möglichkeiten gibt, Spanien trockenen Fußes zu erreichen (links an den Pyrenäen vorbei oder am rechten Rand entlanglaufend) kann man gut erkennen, welche Wanderbewegungen wo Ereignisse auslösten. Was via Banyuls kam, blieb im Osten, was Hendaye passierte, im Norden. Das war einmal.

In eine globalen globalisierten Welt ist auch das Weinmarketing globaler geworden. Sideways triggerte einen Merlot-Boom ohne Gleichen, Cabernet Sauvginon findet man auch schon fast überall, und der dritte im Bunde, Syrah, macht sich zwar heimlich, in Summe dann aber doch eher unheimlich breit. CabMeSy brummt der Bär misslaunig, wenn mal wieder der Besuch in einer so angehauchten Bodega ansteht.

Francisco Lalanne war einer der Pioniere dieser Bewegung, wobei man konstatieren muss, dass zu seiner Zeit die bereits erwähnte globale Globalisierung noch nicht stattgefunden hatte. Er kam aus Bordeaux, weil dort die Laus zu Besuch war, in den Süden, an die Füße der Berge, gen so montaña sozusagen. Dies war im Jahr achtzehnhundert und sechzig, in der Zeit, in der Ballspielende im Königreich Bayern einen Klub gründeten. Er brachte Cabernet und Merlot und Chardonnay mit, weil er in Bordeaux mit diesen Sorten hantierte. Und er brachte damit etwas ganz Neues gen Spanien, gen Aragón, in eine Region, in der damals Garnacha, Cariñena, Alcañón oder Moristel kultiviert wurden, Macabeo auch, Tempranillo ein wenig. Er konnte ja nicht ahnen, was Enate und friends of Enate vierzehn Jahrzehnte später anstellen würden.

Spaniernde sind komplexe Wesen: sie bersten voller Stolz, rennen aber auch ständig mit Minderwertigkeitskomplexen durch die Landschaft. Sie glaubten und glauben oftmals noch immer (Südfranzosen sitzen da aber im gleichen Zug), dass diese berühmten Rebsorten, die da aus dem gelobten Weinland kommen, ihre eigenen Tropfen verbessern.

CabMeSy in der Mancha ist eine eher neuere Erfindung, dieses Thema turnt gerade einmal zwanzig Jahre durch die Gegend. Der wahre Schwerpunkt befindet sich in Aragón und in Catalunya, er dehnt sich aus gen València und gen Navarra, das war es dann aber auch schon. Und: er ist letztendlich auf wenige Sorten beschränkt, aus CabMeSy wird CabMeSyChar, das ist es dann aber schon. Klar, es gibt in Spanien auch Riesling, Sauvignon Blanc, Viognier, Pinot Noir und Petit Verdot, selbst Cabernet Franc; diese Sorten findet man aber selten, dafür oft an für sie geeigneten Stellen, wenn man das Missverständnis Petit Verdot in Ronda einmal ausklammert.

Wenn man sich, Bären und Menschen tun sich da nichts, fast ein Leben lang mit Wein beschäftigt, dann erscheinen einem diese Internationalinskis aus Cariñena, Costers del Segre oder Somontano, die aus Navarra sowieso, als belanglose Tropfen, Chardonnay halt, oder aber Merlot, der, wie viele Merlots, halt nach Erdbeeren schmeckt. Man muss aber schon sehen, wofür viele dieser Weine gemacht sind. Sie stehen rund um den Globus in Supermärkten, in denen sie mit Weinen aus Chile, Argentinien oder Weißdergeierland konkurrieren, Drachenland ist zumindest in Europa noch nicht mit von der Partie. Und diese Weine schmecken halt nach Pfeffer, Erdbeere, Himbeere, im „besten“ Fall nach Cassis. In Rome, do what the Romans do. In Lidl, too.

Einer der wichtigsten spanischen, nun ja, catalanischen, Weinbuschtrommler war und ist M. A. Torres, insbesondere Merlot hat es denen aus el Pacs del Penedès angetan. In Tremp haben sie etwa einhundert und dreißig Hektar mit Merlot bestockt. Gut, bei einer Jahresproduktion von vierzig Millionen Flaschen (¿Litern?) ist das dann so viel auch wieder nicht, für das beschauliche Tremp indes ist das eine Wucht. Lange Zeit hat Torres quasi allen Merlot aufgekauft, dem sie habhaft werden konnten, in Terra Alta, in der Conca, in Costers und natürlich im Penedès. Viele Weinbauern verdienten gutes Geld mit dieser Operation.

Merlot ist schließlich auch einfacher zu handhaben als etwa Cabernet. Nach fünf Jahren bringen die Stöcke ordentliche Erdbeeren, ähhh, Trauben, während sich Cabernet in der Jugend mit grünen Bitternoten herumschlägt, die später von Geschmack von weißem Pfeffer abgelöst werden. Außerdem ist der Vegetationszyklus von Cabernet lang, wenn sich Frost im Frühjahr und Regen im Herbst abstimmen, dann war es das mit der Ernte. Es gibt durchaus Cabernet Sauvignon in Ribera del Duero. In sechs von zehn Jahren ist das ein Totalausfall, gerade einmal in zwei von zehn Jahren bringt er wirklich gute Qualität in die Hütte.

Was kann die Viererbande in Spanien in die Flasche bringen? Nur Geist, oder auch Wein?

Nun, Chardonnay, um mit dem Weißen zu beginnen, der auch schon einmal weise sein kann, leidet daran, dass ihn die meisten Winzer im Barrique erschlagen, nachdem sie ihn vorher an falschen Stellen gesetzt haben. Chardonnay aus Cataragón ist in der Regel fett oder belanglos oder beides. Eigentlich fällt mir auf die Schnelle einzig Milmanda ein, eventuell noch der Chardonnay von Manzaneque. In Somontano gibt es viele, die sind aber alle langweilig, manche zudem extrem teuer. Ich habe schon diverse sehr gute Chardonnays Barricas und Stahltanks entlockt, leider verschwinden sie stets in anonymen Massen.

Merlot ist einfacher gestrickt, er kam gen Catalunya, weil dort nach dem Boom der Cava-Sorten ein Mangel an Rotem herrschte und die Winzer keine Lust hatten, mit Cariñena oder Garnacha in Wettstreit mit dem Priorat, mit Aragón oder Navarra zu treten. Merlot hat halt den Nachteil, dass die Sorte aromatisch dominant ist. Man braucht also etwas, das ihr die Stirn bietet; Tempranillo ist das eher nicht. Dies hemmt die Ausbreitung dieser Sorte etwas, zumal Cabernet Franc in Spanien nicht wirklich präsent ist. Merlot ist in der Regel Mümmelmerlot, ungefährlich, harmlos, aber auch schnell langweilend.

Cabernet Sauvignon indes ist ganz anders, denn in diesem Fall müssen Weinbauern schon nachdenken, wo man die Reben denn am besten placiert. Von Galiza und Asturias abgesehen, gibt es Cabernet eigentlich überall in Spanien, sortenreine und noch dazu gute Cabernets sind indes eher selten. Einer der besten ist noch immer nicht gemacht, Mariona Vendrell und Albert Canela trauen sich einfach nicht, die Trauben ihrer Top-Parzelle im Westen der Conca de Barberà für einen eigenständigen Wein zu nutzen. Typischerweise nutzt man Cabernet Sauvignon, um Defekte anderer Sorten auszubügeln, fehlende Säure in Sachen Tempranillo, fehlende Struktur, so es um Garnacha geht.

Und Syrah? Nun, Andrew Lloyd Webber sage in seinem Musical Evita: „The best show in town is the crown!“ The best Show, was Syrah angeht, ist Finca Garbet, eine Steillage, gelegen am Meer, zwischen dem Cap de Creus und Banyuls; latent atemberaubend, sowohl die Landschaft als auch der Preis des Weines. Die Qualität ist durchaus okay, das schon. Ansonsten gibt es ordentlichen Syrah aus verschiedenen Ecken Spaniens. Finca La Perdiz aus La Seca ist einer, Malpaso ist auch nicht schlecht, es gibt ordentlichen Syrah aus al-Andalus, auch aus Terra Alta; aus diversen Ecken von Catalunya, so man nicht gar so genau hinschmeckt. Natürlich kann man mit Syrah Terroir darstellen, aber dafür muss man die Stöcke auch an dafür geeignete Stellen setzen, am Weinausbau in der Bodega scheitert es hier nur selten, Syrah ist durchaus pflegeleicht.

Der Trend gen immer mehr CabMeSyChar indes scheint gestoppt zu sein, zumindest so man Weine betrachtet, die in Mitteleuropa im Laden mehr als zehn Euro kosten, da geht die Tendenz eher zu back to the roots (meine Güte, ist hier und heute English), zu verschollenen Rebsorten oder zu Marketingspielchen. Über die können wir ein andermal brummen.

Summieren wir zusammen: ganz so furchtbar ist die Lage mit den Internationalinskis dann doch wieder nicht. Somontano und Cariñena kann man umschiffen, aus Navarra ist man schneller draußen als drin (wer an der Ahr war und weiß, dass er da war, der war nicht an der Ahr), ansonsten ist das schon steuerbar. Wenn die Weinbauernden nun auch noch die richtigen Sorten an die geeigneten Stellen stecken würden, um dann die gute Qualität auch ordentlich zu verarbeiten, dann wäre wirklich viel gewonnen. Das wird man ja wohl noch träumen dürfen! Text: el oso alemán

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