Das MAKU Restaurant in Solingen Ohligs: Möge die Saat aufgehen!

| das kleine Vorwort |

Seit 15 Jahren schreibe ich nun mit Vergnügen und Leidenschaft detailverliebt über Restaurants, freue mich, wenn man etwas wagt, liebe es – sofern möglich – begeistert zu loben, gute Küche und das Handwerk dahinter wertzuschätzen: die Rückmeldungen der Betriebe sind in diesen Fällen natürlich stets entsprechend positiv und betont liebenswürdig, man ist der kundige Goldjunge und teilt meine Posts mit den verlinkten Artikeln gerne auf allen Kanälen.

Sollte ich aber einmal – selten, aber es kommt vor – deutliche Kritik ausgesprochen haben, so ist (auch wenn ich diese immer sachlich begründe) öffentliches Feedback ungleich rarer, manchmal gibt man sich schmallippig entschuldigend einsichtig, mancherorts fasst man es als Majestätsbeleidigung auf, oft hört man jedoch schlicht nichts.

Als ich im Frühjahr 2022 über die MAKU Weinbar in Ohligs schrieb (LINK) und meiner teilweisen Enttäuschung ob meiner – dank der vollmundigen vorherigen Eigendarstellung geweckten – Erwartungen Luft machte, sorgte dies für einigen Wirbel, die öffentliche Resonanz und die Abrufe des Artikels waren immens. Zunächst hörte man seitens des kleinen Gastro-Start-Ups am Markt jedoch nichts, auch wenn mir relativ schnell aus dessen Umfeld verraten wurde: „die haben das alle gelesen!“.

Das sollte sich jedoch hinter den Kulissen bald ändern, ich geriet mit Sascha Novakovic in freundlichen Kontakt, man habe die Kritik sportlich aufgefasst, zeigte im Großen und Ganzen Verständnis für meine Punkte und wie schon vor Ort bei meinem Besuch in der Bar verwies man vorfreudig auf das große Unterfangen „MAKU Restaurant Prinzenstraße“: sei dies erst mal eröffnet und auf Betriebstemperatur, würde das MAKU Gastroversum wirklich ans Laufen kommen.

Als sein großer Bruder Mirko Novakovic, der erfolgreiche IT-Unternehmer, Gründer, Investor und treibende Kraft hinter dem Ganzen später etwas hinsichtlich seiner Pläne für ein gepflegtes Café in Ohligs auf Facebook postete, kam ich nicht umhin dies wohlwollend zu kommentieren, denn ich freute mich darüber, wie er sich fortwährend Gedanken macht, den Stadtteil gastronomisch aufzuwerten zu können.

Daraufhin schrieb er mich an: „ob ich nicht Lust hätte, nach der Eröffnung des MAKU Restaurants dort mit ihm essen zu gehen, er würde sich freuen, mich einladen und man wäre sehr an meinem Feedback interessiert“.

Eine nette Geste, aber nun war ich in einem kleinen Dilemma. Natürlich hatte ich vor, die von mir mit Spannung erwartete, gehoben und ambitioniert positionierte Neueröffnung alsbald zu besuchen und zu berichten: anonym und auf eigene Rechnung, wie seit jeher, wenn ich dort über Restaurants schreibe, wo man mit Sternen richtet und wertet. Einladungen und Wertungen auf Portalen wie TripAdvisor oder GastroGuide gehören und gehörten in meiner Welt schlicht nicht zusammen, ein zeitnaher Bericht war aber eben doch fest eingeplant.

Allerdings wurde schnell klar, dass diese Einladung einzig zum Ziel hatte, dieses mutige Projekt mit konstruktivem Feedback zu fördern, Kinderkrankheiten von außen zu sehen, mitunter gewissen Einfluss zu nehmen, somit aktiv zu einem gelungenen Start beizutragen und damit eine gemeinsame Herzensangelegenheit, nämlich das in diesem Segment tote Solingen wiederzubeleben, zu unterstützen.

Außerdem schienen wir beide ein persönliches Interesse an einem Kennenlernen zu haben: zwei  IT-Menschen mit einem höchst analogen Hang zu Genuss und Kulinarik, das klang nicht gerade nach unüberwindbaren Diskrepanzen, sofern man meine Kontostände nicht mit den seinen vergleicht.

Ich sagte also nach etwas Bedenkzeit gerne zu, eine „offizielle“ Bewertung, so mein Gedanke, könnte ich auch in einigen Wochen, nach einem zweiten Besuch, immer noch schreiben. Wenn es mir gut gefallen würde, erwog ich einen objektiven Bericht in meiner hiesigen Rubrik im garantiert „pixelwertungssternchenfreien“ Blog von weine-feinkost.de, ansonsten versprach ich ehrliches, ungeschöntes Feedback vor Ort.

Das klang doch wie ein transparenter Plan, ich freute mich auf den Austausch mit Mirko Novakovic, dem Küchenteam, und natürlich das, was man auf den Tellern liefern und in Gänze bieten würde.

Denn auf der Website gibt man sich, was die Ausrichtung der Küche angeht, eher kryptisch allgemein und spricht von einem bunten Mosaik zeitgeistiger Gastro-Trends:

„Unser Anspruch ist es, die gesunde Küche aus Asien, altbewährte Techniken aus Frankreich, die saisonale Anpassungsfähigkeit der Skandinavier und auch die Deutsche Hausmannskost von Oma zu vereinen.“

Und trotz des so angekündigten Spagats, theoretisch Omas Kohlroulade mit japanischer Kaiseki-Küche stilistisch wie auch immer unter einen Hut bringen zu können, spricht man einen Absatz zuvor noch davon, sich „keinesfalls einen Stempel wie „Crossover“, „Fusion“ oder „International“ aufdrücken lassen zu wollen“.

Na, wat denn nu? Höchste Zeit, sich das Ganze mal auf der Zunge zergehen zu lassen…

| Hintergründiges |

Zum Hintergrund der MAKU Gastronomie, der Namensfindung und der Zusammenarbeit mit Patu Habacht, der in der Geschäftsleitung die Küche verantwortet, selbst jedoch nicht am Herd steht, habe ich bereits in meinem Bericht zur Weinbar am Markt ausführlich ausgeholt und spare mir an dieser Stelle redundante Zeilen.

Nur so viel sei gesagt, dass man mit dem gebürtigen Finnen und seinem Werdegang – und dank seiner Zeit in der Haasenmühle in Solingen einen mitnichten Unbekannten – jemand mit unzweifelhaften Fähigkeiten ins Boot geholt hat, sprach auch vorab dafür, dass man es ernst meint mit dem erneuten Anlauf, gehobene Gastronomie in der Klingenstadt etablieren zu wollen.

Nun ist das Thema „Fine Dining“ (ich mag diesen schubladenträchtigen Begriff überhaupt nicht) in Solingen leider seit jeher etwas, dass kein leichtes Unterfangen ist.

Auch wenn es in der Stadt durchaus Gäste gibt, die ab und an oder regelmäßig gerne sehr gut essen gehen, so sind diese am Wochenende darauf angewiesen, sich mangels entsprechender Angebote in den Nachbarstädten zu vergnügen: Köln, Düsseldorf, Wuppertal und selbst das kleine Hilden locken mit einer vielfältigen, auf Wunsch hochklassigen Gastrolandschaft, während man in Solingen noch nicht einmal eine Ramen-Suppe erhält – dafür kommt aber auf 20 Einwohner mittlerweile gefühlt eine Dönerbude. Es ist ein Trauerspiel, selbst wenn es natürlich auch in Solingen durchaus gute und motivierte alltagstaugliche Gastronomie gibt, wer allerdings bspw. nur annähernd auf dem Niveau eines Haus Stemberg o.ä. genießen möchte, schaut leider in die ganz kalte Röhre.

Vielleicht ist Solingen auch selbst schuld, denn ein Trauerspiel war leider auch die langfristige Resonanz der örtlichen Gäste auf den letzten ernstzunehmenden Versuch, kulinarisch anspruchsvollen oder in dieser Hinsicht neugierigen Solingern manche „Kulinarik-Pendelei“ in das Umland ersparen zu wollen: das Restaurant Pfaffenberg mit seinem „Gourmet Restaurant“ im oberen Stockwerk.

Hier bot man vor einigen Jahren unter der Küchenleitung von Dominic Gerberding, neben à la carte, monatlich wechselnde sechs- oder siebengängige Menüs, die für beste Produkte und ebenbürtiges, motiviertes Handwerk standen: das Ganze inklusive Amuse und Petit Fours zu einem Preis von 79 Euro. Diese Menüs, und ich wurde seinerzeit nicht müde dies zu betonen, hätten in guter Lage in Düsseldorf schon damals spielend mindestens die 120 Euro Marke gerissen und wurden dennoch nicht genügend angenommen. Die Hälfte der Stammgäste kam demnach nicht aus Solingen.

Gute Küche mit Anspruch ist also hier selbst zu Kampfpreisen kein Selbstläufer und als die Positionierung des MAKU Restaurants ruchbar wurde, blickte ich vorfreudig aber auch mit etwas Sorge auf das Vorhaben, das im denkmalgeschützten Anwesen auf der Prinzenstraße entstehen würde, welches Novakovic 2019 mit ursprünglich anderen Plänen erworben hatte.

Hier, an geschichtsträchtiger (hier war u.a. ursprünglich eine Großbäckerei, den meisten Solingern ist es aber als „Flora-Frey Gebäude“ bekannt, durch den dortigen, langjährigen Hauptsitz des bekannten Blumensamen-Anbieters) Stätte wurde mit zweistelligem Millionenaufwand kernsaniert und investiert. Das Ergebnis kann sich schon jetzt mehr als sehen lassen, auch wenn es im Außenbereich und der Fassade noch einiges zu tun gibt, die Auflagen des Denkmalschutz – und die daraus resultierenden aufwändigen Arbeiten – forderten und fordern u.a. ihren zeitlichen und monetären Tribut.

Eigentlich hatte Novakovic vor, hier Räume für eines seiner expandierenden Unternehmen zu schaffen, veräußerte jenes allerdings zwischenzeitlich lukrativ an IBM und entschloss sich hernach das Gebäude „umzuwidmen“`: in einen hochklassigen Co-Working Space mit angeschlossener Infrastruktur wie Fitness-Bereich und eben auch Gastronomie in Form eines Delis (leichte, gerne vegane Lunch-Gerichte, Bowls, Sandwiches – noch in der Entstehung) sowie des „großen“ MAKU Restaurants, dem bisherigen Kernstück der Unternehmungen, die schon bald mit einer Weinbar am Gräfrather Markt weiteren Zuwachs erhalten werden.

| Endlich vor Ort |

„Prinzenstraße? Wo ist denn da ein Restaurant?“ war das erste, was mich der nette türkische Taxifahrer fragte, als ich ihm mein Ziel nannte, in der Taxizunft muss sich das Ganze sicher noch etwas herumsprechen. Nicht zu übersehen war jedoch der Grad seiner Beeindruckung, als er das Gebäude mit dem stimmungsvoll illuminierten „Restaurant-Flügel“ zur Linken in Gänze wahrnahm.

Wenn man weiß, wie es hier vorab auf dem Gelände aussah oder gar im Inneren und dem Kellergeschoß, ist es wahrlich beeindruckend, was hier bislang geschah und man erahnt bereits auf den ersten längeren Blick, dank der großflächigen Scheiben zum Gastraum, welch stilvolle Behaglichkeit einen dort erwartet.

Ich machte entspannt ein paar Fotos und ließ die Szene auf mich wirken, vom Hauptbahnhof wehte etwas Zuglärm herüber, a place steeped in Ohligs history so to say.

Wenige Minuten später kündigte das Auftauchen eines Tesla – ich hatte mit mir gewettet, dass es so sein würde und gewonnen – die Ankunft meiner Abendgesellschaft an, ein freundliches Hallo später standen wir im noch leicht unfertigen Empfangsbereich, hinter dem sich linker Hand der imposante Gastraum öffnet.

Gediegen wirkt der moderne, offene Industrial-Look mit den offenen Lüftungsrohren und seinem hochwertigem Materialmix, und dennoch, dank eines entsprechenden Lichtkonzeptes, behaglich und nicht im Ansatz unterkühlt: etwas, dass ich an großen offenen Räumen ansonsten nicht mag, teilweise beschleicht mich in solchen Restaurants schnell ein leichtes Großraumbüro- / Bahnhofshallen-Gefühl, das hier jedoch nicht der Fall war.

Eine junge Dame begrüßte uns herzlich und – eine leider selbst in guten Häusern oft vernachlässigte Geste – fragte, ob sie mir meine Jacke abnehmen und in der Garderobe verstauen könne.

Dies geschah im Übrigen, wie auch sonstige Dinge wie Nachfragen die Zufriedenheit betreffend, die Präsenz am Tisch, das freundliche Umsorgen, auch im Umgang mit anderen Gästen, ich konnte im Verlauf des Abends diesbezüglich keine ausdrückliche „Service-Extra-Wurst“ feststellen.

Positiv auch die Natürlichkeit im Umgang mit dem Gast, ich denke jeder kennt diese spezielle Form der professionellen, aufgesetzten „Plastik-Freundlichkeit“, die einem gerne auf Flugreisen begegnet und gegen die ich hochallergisch bin, wobei mir gespielte Freundlichkeit im Service zugegeben dann doch noch einen Hauch lieber ist, als ehrlich angeblafft zu werden.

Und dennoch: hier saß ich mit dem Chef am Tisch, eine objektive Bewertung des Service ist da aus meiner Sicht „etwas“ schwierig, ein weiterer Grund, warum ich über diesen Abend niemals auf einem Bewertungsportal schreiben würde.

Während der mittlere Bereich des Gastraumes zur Rechten von einer imposanten Bar gesäumt wird, verläuft links über die gesamte Raumlänge eine schmale Empore mit kleineren Tischen, die etwas mehr Privatsphäre boten, dort saßen wir und ich freute mich im Interesse ansehnlicher Fotos sehr über das gute Licht.

Auch, wenn man u.a. durch den Verzicht auf Tischdecken signalisieren möchte, dass man eben kein tradierter, steifer „Gourmet Tempel“ ist, machen die pragmatisch und dennoch stilvoll eingedeckten Tische einen einladenden Eindruck.

Die Haptik der alsbald gereichten Karten dürfte etwas polarisieren, das Kunstleder ist extrem weich und nachgiebig und besitzt eine gewisse „Speckigkeit“, ähnlich einer in die Jahre gekommenen Softlack Oberfläche im PKW. Durch die Art der Bindung und die quasi nicht vorhandene Steifigkeit neigten die einzelnen Seiten dazu, sehr leicht zu knicken und es bildeten sich Eselsohren. Meine Speisekarte sah im Inneren nur zwei Wochen nach Eröffnung daher doch unerwartet mitgenommen aus und kann so, mit Blick auf das gediegene Interieur, auch nicht im Sinne des Restaurants sein: eine kleine Randnotiz aus der Kategorie „leicht zu behebende Details“.

Die imposante Weinkarte mit fast 300 Positionen aus aller Herren Länder hat die Eröffnungsphase hingegen unbeschadet überstanden, beeindruckt mit ihrer Bandbreite in vielerlei Hinsicht und kann sich mit Leichtigkeit auf dem Gipfel dessen sehen, was man in der Solinger Gastronomie bislang angeboten hat.

Ob eine Flasche 2017er Chassagne-Montrachet Les Caillerets 1er Cru für 272 Euro oder ein solider Mosel-Riesling für 39 Euro, das facettenreiche Angebot der Flaschenweine überzeugt und wird dem Anspruch des Restaurants voll und ganz gerecht.

Kein Wunder, hat man doch Sebastian Bordthäuser mit im Team, der an diesem Abend auch kundig und erfrischend locker als Sommelier agierte. In der Weinszene ein Name mit Gewicht, der sympathische freiberufliche Sommelier, Journalist und Autor hat eine veritable Karriere in der Gastronomie vorzuweisen und war unter anderem Falstaff Sommelier des Jahres 2012.

Später am Abend ging es übrigens noch in den alten Kohlenkeller des Gebäudes, in dem bald noch eine kleine Vinothek entstehen und sich für Tastings aller Art sicher bestens anbieten wird.

Hier lagerten noch weitere Schätze, Novakovic hatte kürzlich die Gelegenheit, 2000 Flaschen einer Sammlung aus einer Erbmasse zu erwerben. Was ich dort sah, verschlug mir fast den Atem, u.a. große Bordeaux Weine bis in die späten 60er Jahre, ein großer Château Margaux neben dem anderen, verstaubter Hochadel für den mancher passionierte Weinsammler morden würde.

ein kleiner Teil des Fundus, provisorisch gelagert im noch unsanierten alten Kohlenkeller

Unfassbare Boutillen, wenn der Private Dining Raum, der momentan noch nicht ganz fertigstellt ist, eröffnet wird und die Gelegenheit und das Budget es erlauben, kann ich mir gut vorstellen, dass so einige beneidenswerte Zeitgenossen mit einzigartigen Raritäten aus diesem Fundus das ein oder andere vinophile Hochamt erleben werden.

Bei den offenen Weinen war ich zunächst irritiert, die Karte bietet auf den ersten Blick zwei „MAKU Hausweine“, einen Riesling sowie eine rote Cuvée aus Württemberg.

Jedoch empfiehlt die Karte zu jedem Gericht einen mit Bedacht ausgewählten Wein, der sich nicht gerade aus dem ausgetretenen Mainstream rekrutiert, und jeder dieser Weine ist offen erhältlich, womit man insgesamt auf 14 glasweise erhältliche Tropfen kommt.

Damit katapultiert sich das Restaurant auch im Bereich der offenen Optionen an die lokale Spitze und unterstreicht damit, auch über die Stadtgrenzen hinaus Anziehungskraft für geneigte Genussmenschen besitzen zu wollen.

Die sich aufgeräumt und mit für mich perfekten Umfang (sieben Vorspeisen, fünf Hauptgerichte, drei Desserts plus Sorbets und Käse-Option) präsentierende Speisekarte, die auch dem Thema vegan und vegetarisch Rechnung trägt, momentan aber noch auf Menüs verzichtet und rein auf à la carte setzt, sprach mich ebenfalls an und ich war gespannt, ob man hier mit dem Thema Wein auf Augenhöhe agieren würde.

Eine klare Stilistik ließ sich aufgrund der „genretypisch“ kryptisch verkürzten Deklaration der Gerichte indes nicht ableiten, es blieb also spannend bis zum letzten Moment.

| Apero & Amuse |

2021 Aus PetNat, Xarel-lo, Bodegas Alta Alella, Tiana, Katalonien, Spanien – 0,1l zu 6,50 €

Zeit für den Service Apero-Wünsche zu erfragen, neben einem Winzersekt von Franz Keller bietet man offen noch einen Grand Cru Champagner von Soutiran, einen alkoholfreien Sekt von Griesel & Compagnie sowie, man glaubt es kaum, einen PetNat von Xarel-lo aus Katalonien.

Da schau her, ein Pétillant Naturel von handgelesenen Trauben. Nun ist diese wieder in Mode gekommene, ursprüngliche Form der reinen Flaschengärung nach der sogenannten Méthode Rurale bzw. Méthode Ancestral in der Gastronomie natürlich nicht unbekannt, dem Naturwein-Trend sei Dank.

Allerdings hätte es in absehbarer Zeit wohl kaum ein solches Produkt auf eine Solinger Aperitif-Karte geschafft und ich unterstelle 95% der hiesigen Gastronomie, mich irritiert an die nächste Fressnapf Filiale zu verweisen, wenn ich mich nach einem PetNat erkundigen würde.

PetNats sind immer ein wenig Lotterie wie ich finde, was für Natur- und Orange-Weine ohnehin gilt, ich finde dies aber hochspannend und ich hatte bislang meist Glück mit unerwünschten starken Fehlnoten, die durchaus vorkommen können.

Die Rebe Xarel-lo kennen die meisten noch am ehesten vom spanischen Cava, denn neben Macabeo und Parellada ist sie dort meist mit von der Partie. Hier als PetNat, auf eigenem Most vergoren, spielte sie Qualitäten aus, die man so nicht erwartet hätte und ich war wie erhofft froh, nicht den fast doppelt so teuren Champagner gewählt zu haben um auf der sicheren Seite zu sein.

Verführerisch in der Nase mit Noten von grünen Äpfeln mit etwas Birne neben ausgeprägten floralen Elementen, auf dem Gaumen ging es nahtlos weiter in diese Richtung, ein leichter, erfrischender Aperitif mit präsenter Säure, würde ich jedem empfehlen, der Schaumweine mag und gerne mal etwas Neues probieren möchte.

Nachdem wir in aller Ruhe gewählt hatten, freuten wir uns auf ein erstes kulinarisches Lebenszeichen aus der offenen Küche, die zwar abgetrennt aber problemlos einsehbar ist.

Ein kleiner Gruß aus der Küche wurde serviert, zeitgleich mit „Brot und Butter“ (4,50 €) von der Standardkarte, das wir natürlich gerne dazu bestellten.

Das Amuse: eine kleine Insel von in Sesamöl leichte gegarten Karotten, als leicht rohkostiger Salat angerichtet in einem Meer aus Miso-Sesam-Sud. Eine eher fein abgestufte, asiatisch konnotierte Geschmackswelt, Zitronengras und Kaffir-Limette sorgten für eine ätherische Frische, Kombu-Alge schuf eine interessante Tiefe und ein wenig Daikon-Kresse für die Optik hat auch selten geschadet. Ein gelungener Gaumenkitzler wie ich fand.

Amuse

Etwas Sesam war im Topping des im Glas gebackenen und ebenso servierten, hausgemachten Brotes mit seinem aromatischen Hefeteig auch im Spiel. Für das Auge nett, allerdings war man aufgrund dieser Anrichtung und der Konsistenz des Backwerks gezwungen, es komplett auf den Brotteller zu befördern und dann, so gut es ging, mundgerechte Stücke mit den Händen heraus zu rupfen, was Dippen oder den Genuss mit den beiden Buttersorten, die es dazu gab, nicht gerade erleichterte.

Noch Cupcake oder schon Muffin? Das MAKU Hausbrot

Zumal, wenn es so gedacht ist, sich das Brot zu teilen. Ich habe heute beim Sichten der Fotos festgestellt, dass es anscheinend nur ein Exemplar gab, ich war der festen Überzeugung, dass alles doppelt serviert wurde, bedingt dadurch, dass es neben der cremigen Salz- und einer gelungenen Trüffelbutter noch eine weitere Komponente gab, die man jedoch vor meinem Gegenüber abstellte und ich durch die mittigen Flaschen auf dem Tisch nicht alles im Blick hatte.

Trüffel- und Salzbutter

Das fiel dann später auf und mir war es schon sehr peinlich, mich aufgrund dieses Irrtums weitgehend alleine an der Butter bedient zu haben. Sollte ich also irrtümlich auch das ganze Brot alleine verschlungen haben, versinke ich nachträglich noch einmal im Erdboden.

Aber, wenn man sich den Tisch anschaut, eigentlich hätte hier der Service mittig zeitweilig Platz schaffen und die Komponenten für beide Gäste erreichbar servieren müssen, das war etwas unglücklich:

Sehr glücklich wiederum machte das zum Brot gehörende, intensive Basilikumöl, dem man mit einer aromatischen Emulsion – die kleinen orangenen Inseln – aus Tomate, etwas Essig und Tomami (ein auf Tomate basierendes klares Umami-Extrakt) auf köstliche Art und Weise zusätzlich auf die Sprünge half, da machte Dippen viel Freude.

Basilikumöl

Ein vielversprechender Start. Gerade wenn man bedenkt, dass es vielerorts im Bergischen noch immer meinen persönlichen Gruß aus der Küche-Albtraum gibt: geschmacksneutrales Baguette an geschmacksneutralem Mystery-Quark. Das ging und geht mir immer dermaßen auf die Nerven, dass ich mit den Jahren anfing resigniert ironisch zu mutmaßen, ob es im Bergischen ein verpflichtender DEHOGA Standard sei, diesen lieb- und ideenlosen Mist servieren zu müssen.

Wobei man natürlich fairer Weise sagen muss, dass die meisten dieser Häuser natürlich nicht einen ausgewiesenen Fine Dining Anspruch hatten, aber es waren auch durchaus gerne Überraschungen in Betrieben dabei, wo man gemeinhin mehr erwarten könnte.

| Vorspeise |

Miesmuschel & Lachsforelle
Fenchel |Dill | Beurre Blanc – 16,00 €

2020 Condado de Tea (Albariño, Loureiro, Torrontes, Treixadura), Fento Wines, Rias Baixas/Spanien – 0,15l zu 8,00 €

Ach, wie hübsch, das ganze Arrangement gefiel optisch schon auf ganzer Linie. Die Produkte stilistisch im Mittelpunkt und dennoch mit Anspruch und Ästhetik präsentiert, eine bildschöne Tellersprache.

Miesmuschel & Lachsforelle

Auf einem Spiegel einer hinreißend guten, eher leichten Beurre Blanc ein Nest aus hauchdünn gehobeltem Fenchel, den man im Weck-Glas leicht süß-säuerlich warm marinierte.

Darum arrangiert Sashimi vom Saibling (Lachsforelle war an diesem Tag nicht zu bekommen, ich freute mich aber darüber, Saibling mag ich lieber), den man aus einer Zucht in Leichlingen bezieht, absolute Spitzenware, ein Hochgenuss.

Stolz ragten die Miesmuscheln in die Höhe, die indes kuschelig von geschäumter Beurre Blanc umschmiegt wurden, frische Dillspitzen und ein paar Tropfen eines Dill-Öls bereicherten bei weitem nicht nur optisch.

An diesem Gericht stimmte in meiner Wahrnehmung wirklich alles, die perfekte Textur des Fenchels und seine dezente süß-saure Note, das Zusammenspiel von Fisch und Beurre Blanc, der duftende Dill der nichts erschlug sondern hob, ein großes Vergnügen auf ganzer Linie und eine in jeder Hinsicht stimmige Komposition.

Frisch, klar, mineralisch und saftig dann die begleitende Cuvée aus Galizien, die dank ihrer Komplexität und erfrischenden zitrischen Noten eine perfekte Symbiose mit der „maritimen“ Ausrichtung des Tellers einging.

Mein Tischgenosse zeigte sich ebenfalls zufrieden, mit seinem „Iberico Schweinebauch mit Essiggurke, Teepflaume und Kartoffel (15,00 €), das Gericht kannte er zwar schon, wurde aber gerne zum Wiederholungstäter:

Iberico Schweinebauch

Sehr schön, während wir uns angeregt unterhielten, Sebastian Bordthäuser die Wahl des Rotweines zum Hauptgericht moderierte, entschied ich mich spontan noch für ein Zwischengericht aus der Riege der Vorspeisen, was man problemlos, und trotz mittlerweile gut gefülltem Lokal, auch prompt realisierte.

| Zwischengericht |

Pilztatar
Pilztee | Perlzwiebeln | Schnittlauch  – 14,00 €

Sherry Amontillado (Palomino Fino), Gutierrez Colosia, Jerez/Spanien – 5cl zu 5,50€

Während die Vorspeise durchaus auch für den Frühling hätte stehen können, erhielt nun der Herbst eindeutig Raum auf dem Tisch mit einer kleinen Pilz-Symphonie, die es in sich hatte.

Pilztatar

Nachdem unser wackerer Sommelier nur wenige Augenblicke zuvor bereits Probierschlücke des Rotwein in Cartoon-tauglichen Kelchen der gefühlten Größe eines Goldfischglases brachte, erhielt ich noch ungefragt die in der Karte vorgeschlagene Begleitung dazu: einen eleganten Sherry Amontillado aus Jerez.

Die Basis des kleinen Gerichtes bildete der lauwarme Pilzsud, ein unfassbar dichtes, von Steinpilz, Shitake und einem kräftigem Fond dominiertes Geschmacksbild. Das Pilztatar bestand aus in der Pfanne leicht anfrittierten Egerlingen und im Ofen gegarten Shitake, obnenauf eine dünne, akkurat rautenförmig eingeritzte Tranche eines Kräuterseitlings, die man nur beherzt bei großer Hitze in der Pfanne anzog und auch dank der milden Wärme des Suds eine angenehme Bissfestigkeit behielt.

Eine große Gefahr bei diesem Pilz wie ich finde, Kräuterseitlinge brauchen etwas Textur und leiden bei großer Hitze doch sehr, hier war es perfekt gelungen.

Der Schnittlauch war optisch vorhanden, trug jedoch geschmacklich nicht wirklich viel bei, eher noch die beherzt sautierten oder grillierten Perlzwiebeln, die das Gericht, neben anderen Aspekten, in meiner Wahrnehmung in die „New Nordic“ Richtung schoben.

Umami ist ja ein vielstrapaziertes Wort mittlerweile, aber ich komme nicht umhin, dieses sich auf der Karte so unscheinbar gebende Pilzvergnügen als „Umami-Tsunami“ zu beschreiben, das dem Genussmoment der ersten Vorspeise in nichts nachstand.

Sherry als Begleitung, das hatte ich letztmalig zu einer kräftigen Oxtail Clair und auch hier passte es ausnehmend gut, es war ein Hochgenuss, wie sich seine holzige, komplexe Eleganz um die kräftigen, dunklen Pilznoten legte, sich beides auf dem Gaumen vermählte und in einem fulminantem, schier endlosen Nachhall endete – denn Länge hatten beide, Pilzsud wie Sherry.

An dieser Stelle mal eine kulinarisch lobende Erwähnung in Richtung meines Tischgenossen, Küchenchef Mathias Gaube verriet mir später, dass der Pilzsud nicht zuletzt aufgrund des Feedbacks des Mäzen nunmehr lauwarm serviert wird, ursprünglich sollte der Pilztee auf Zimmertemperatur serviert werden, was ich mir nachträglich nicht unwesentlich weniger köstlich vorstellte.

Herrlich, so könnte es gerne weitergehen, was für ein vielversprechender Anfang!

Aber leider sollte nun eine kleine Enttäuschung folgen, die ich so aufgrund der bisherigen Eindrücke nie und nimmer erwartet hätte…

| Hauptgericht |

Entrecôte 280g
Babyspinat | Polenta | Gruyere – 38,00 €

2019 Le Berceau (Marsanne), Syrah, Domaine Bernard Gripa, Nord-Rhône, Frankreich – die Flasche zu 107 €

Wie sagt man so schön: Bilder sagen mehr als tausend Worte. Ich denke man muss weder hochgebildeter Hobbykoch, pingeliger Kulinarik-Nerd oder professioneller Gastronomie-Experte sein, um schon rein optisch eine deutliche Diskrepanz zu den anderen Gängen festzustellen, vor allem wenn man schon zu den Desserts weiter unten schielte. Das war schlicht nicht nur eine andere Liga, sondern ein anderer Planet, solch einen Niveau-Sprung innerhalb eines Menüs habe ich selten erlebt.

Entrecôte

Die Tatsache, dass überhaupt Blattspinat auf dem Foto zu sehen ist, ist mir zu verdanken, denn eigentlich war er vollständig von dem großen und daher recht dünnen Steak bedeckt und das Auge blickte nur auf das recht blasse Fleisch, zwei leicht fettig glänzende Polentaschnitten und ein Achtel einer Zwiebel, der man, ähnlich der Perlzwiebeln im Pilzgericht, abermals kräftige Röstnoten gönnte.

Das Fleisch komme aus Australien ließ man mich vorab wissen, an regional sei momentan aufgrund der Versorgungslage nicht zu denken. Ich, nicht nur als Steakfan, merkte an, dass es doch Sinn machen würde, gute Ware auch in der Karte zu deklarieren, zumal wenn das Gericht seinen Preis hat.

Wenn ich dort lese „Jack’s Creek Black Angus Ribeye“, um mal eine der bekanntesten australischen Premium-Zuchten zu nennen, spricht mich das doch deutlich mehr als ein namenloses „Entrecote 280g“ wie in diesem Fall, auch wenn ich einem Restaurant wie dem MAKU nicht unterstelle, hier niederpreisige Ramschware zu beziehen.

Bedingt dadurch, dass man wie erwähnt eine recht breite Fleischpartie erwischt hatte, war das Steak zwar üppig in der Größe, allerdings auch recht dünn bei den angekündigten 280 Gramm, mein gewünschter Gargrad medium-rare war dadurch etwas überschnitten. Schwerer wog allerdings – nicht nur optisch – der beinahe komplette Verzicht auf Röstaromen und ich meine, das Entrecote hat mehrmals leicht traurig und neidisch zur Zwiebel herübergeschaut beim Servieren.

Ich hatte nicht nur Pech mit dem Gericht als solchen, auch beim Fleisch meinte es das Schicksal nicht gut, da musste doch einiges wegpariert werden und ich meine sicher nicht das geschmacksspendende Fettauge, das dem Ribeye seinen Namen verleiht.

Knoblauch liebe ich, auch in kräftigen Dosierungen, aber was man dem armen Blattspinat, trotz seiner perfekten Garung in dieser Hinsicht antat, war schon mehr als heftig, teilweise machte er optisch fast den Eindruck von „Blattspinat an Knoblauch-Duxelles“, sein Geschmack erschlug alles.

Aber so viel zum Erschlagen war da leider nicht: die leicht trockenen Polentaschnitten ließen den Gruyere nur in der Fantasie erahnen und blieben ansonsten blass. Der Jus zeigte sich schon optisch dermaßen schwachbrüstig, dass ich kurz argwöhnte man habe Filterkaffee auf dem Teller verschüttet, leider setzte sich dieser Eindruck auch auf dem Gaumen fort.

Die „blackened“ Zwiebel recht bissfest und naturbelassen aber mit einer angenehmen leichten Süße, sie habe ich jedoch im Kontext des Gerichtes leider nicht wirklich verstanden.

Das Schönste an diesem Gang war leider der reinsortige Syrah von alten Reben, den Bordthäuser auf meine eher beiläufige Anmerkung, „etwas mit Syrah wäre doch schön zu Steak“, auswählte.

Eigentlich war ich da gedanklich eher bei einer schweren australischen Cuvée, irgendeine gute 15% Granate, Shiraz und Cabernet, aber was er da aus Frankreich präsentierte, hätte nicht perfekter passen können.

„Mist“ dachte ich kurz, „so ein Pech“, denn andere Hauptgerichte, die mir vorab bildtechnisch zugespielt wurden, sahen schon optisch wesentlich ansprechender aus.

Aber dann war ich doch froh, nach den vorangegangenen Lobeshymnen nun auch wirklich mein ungeschöntes Feedback geben zu können, das war schließlich Sinn der Übung und ich machte Küchenchef Mathias Gaube sehr deutlich, dass ich weder gekommen sei um zu lobhudeln, noch – viel schlimmer! – um verbissen irgendwelche vermeintlichen Haare in der Suppe zu suchen, nur um etwas kritisieren zu können.

Mirko Novakovic freute sich gar darüber, nur so könne man sich schließlich verbessern, durch fairen konstruktiven Austausch mit den Gästen.

Gaube, nicht auf den Mund gefallen, war nach meinen Einschätzungen natürlich „etwas“ weniger im Freudentaumel, er gab mir aber, vor allem was die Optik angeht, durchweg Recht.

Man hätte es anfänglich versucht zu tranchieren, dann wäre es aber teilweise kalt beim Gast gelandet, die Abläufe im Service seien noch nicht routiniert genug. Nun fragte ich mich, wie man mit – hoffentlich – vorgewärmten Tellern und einer High-Tech Wärmebrücke dieses Kunststück hinbekommt, beließ es aber dabei.

Ob die Alternative zum Tranchieren allerdings dieses Tellerbild sein müsse, stellte ich in den Raum, das Gericht in dieser Form wird dem MAKU Anspruch in keiner Weise gerecht, in der Grundanlage sowie der Umsetzung. Wenn man bewusst simpel bleiben möchte in einem Gericht, müssen Zubereitung und Produkt 100% überzeugen, das ist der Zauber des Einfachen, vielleicht sollte man in Sachen Garung über ein Big Green Egg oder einen 800 Grad Oberhitze Grill nachdenken, sofern man das Thema Steak in der Karte nachhaltig kultivieren möchte.

Nur auf seinen Jus ließ Gaube geschmacklich nichts kommen, er sei eben kein Freund von zu kräftigen, einreduzierten Jus und Demi Glace, er möchte keinen schweren Lack auf dem Teller – hält er für altmodisch… – sondern eher leichte Varianten.

„Kann man sicher machen, nur sollte die neue Saucen-Leichtigkeit dann auch trotzdem nach etwas schmecken…“ erwiderte ich, worauf er ankündigte, später noch eine separate Jus-Verkostung am Tisch zu machen, was ich gerne annahm.

Dazu kam es dann nicht mehr, vielleicht hat er selbst nochmal gekostet und gemerkt, dass ich vielleicht doch nicht ganz Unrecht hatte und ich bin auch ohnehin der Meinung, dass ein gutes Steak keine Soße braucht, sondern nur etwas schönen Steakpfeffer und Fingersalz am Tisch.

Sei es drum, ich hake dieses Gericht als kleinen „Findungsphasenunfall“ ab, der in meinen Augen das Potential der Küche nicht wirklich diskreditierte, zu überzeugend waren da die restlichen Eindrücke.

Denn nach dieser kleinen Talsituation sollte es mit Schallgeschwindigkeit wieder auf genussvolle Höhen gehen, es nahten Köstlichkeiten aus den Händen von Patissier Christian Schreier.

| Dessert |

Holunderbeere
Kokos |Espresso |Ingwer – 11,00 €

Weiße Schokolade
Brombeeren |Hanf |Chai-Tee – 12,00 €

N.Y. Cheesecake
Butterkeks | Meersalz Crumble | Orangensorbet – 11,00€

20 Years Old Tawny Port aus der 4,5 Liter Flasche, Graham’s Port, Douro/Portugal – 5cl zu 10,00 €


Man ließ sich nicht lumpen und servierte uns schlicht gleich alle drei der momentanen Dessert-Optionen und obwohl ich eher zum „Team Käseteller“ gehöre, wusste ausnahmslos alles zu begeistern, visuell wie geschmacklich.

Wir probierten querbeet und ich startete mit der Weißen Schokolade, die man als ganz leicht schaumige, intensiv nach weißer Schokolade schmeckende Custard-Masse als kleinen Zylinder auf einem Spiegel von Brombeer-Cassis Sud präsentierte.

Weiße Schokolade

Auf ein Uhr dazu ein Chai-Tee Eis, dass es sich auf einem Nest von karamellisierter weißer Schokolade bequem gemacht hatte. Mittig, in einem diffusen Grünton,  dann eine kalorisch sündige, garantiert THC-freie Hanf-Praliné-Masse, frische Brombeeren rahmten ein.

Ich finde ja NY Cheesecake immer etwas überschätzt, selbst in sehr gut, aber was Christian Schreier hier veranstaltete, war mehr als nur „sehr gut“. Zwei kleine runde Türmchen flankierten ein intensives Orangensorbet, dazu ein leicht herbes Orangengel sowie Meersalzcrumble, der sich perfekt einfügte.

NY Cheesecake

Die Textur der Frischkäsemasse animierte ständig zum nächsten Löffel, die pure Sünde jedoch nicht zu schwer und immer begleitet von der Leichtigkeit des Sorbet, ein perfektes Spätsommer-Dessert das aber natürlich ganzjährig funktioniert.

Mein Highlight unter den drei herrlichen Desserts wurde dann letztlich das zunächst optisch eher unauffällige Arrangement mit dem Titel „Holunderbeere“.

Holunderbeere

Hinten sehen wir unten ein Stück eines – Christian Schreier möge mir die dilettantische Bezeichnung verzeihen – feinen „Ingwer-Kokos-Rührkuchen“, der mit Batida und einem Hauch Ingwersud getränkt wurde, sowie oben noch mit einem intensiven, kalten Kaffee-Konzentrat, ähnlich einem Cold-Brew, beträufelt wurde. Dieses wurde auch für die braunen Tupfer hergenommen, die den Teller zieren.

Das hocharomatische Holunder-Sorbet dürfte jeden Sorbet-Freund in den siebten Himmel befördern, die Frucht fand sich auch noch – nicht minder vollmundig – als Kompott und Gel auf dem Teller wieder, für das Auge noch: knusprig frittierte Kokoschips sowie ein spannendes weißes Kaffepulver.

Absolute Weltklasse, besser kann man es handwerklich nicht umsetzen, man merkt Schreier seine hochklassige Sterne-Laufbahn an, in jedem Detail, in jeder Komponente.

Nur auf die in der Sterne-Patisserie so beliebte Komponenten-Kirmes nach dem Motto „alles unter 15 Bestandteilen ist kein Dessert“ möchte er weitgehend verzichten und für den Ansatz des MAKU ein vernünftiges Maß finden, wie er mir später verriet.

Ich denke, das ist mehr als gelungen, das war Hochgenuss auf Sterne-Niveau, perfekt orchestrierte Aromen und Texturen, hier hat nichts gefehlt oder wirkte wie gänzlich überflüssige Effekthascherei: großes, versöhnliches Kino zum mehr als würdigen Abschluss.

Vorab hatte ich natürlich mit dem Käsebrett geliebäugelt, das wäre allerdings mit Blick auf meinen Sättigungsgrad reine Völlerei gewesen und ich entschied, mir dies bei meinem Zweitbesuch vorzunehmen. Zum Portwein, den man uns als kleinen Digestif zum Dessert gönnte, hätte dies sicher auch fabelhaft gepasst:

 | After Dinner |

Nach dem Essen war es Mirko Novakovic und Mathias Gaube noch ein Anliegen, mir zu zeigen, was man bisher alles saniert hat und was noch entsteht. Das erwähnte Deli beispielsweise, oder die „vinophilen“ Katakomben, den Veranstaltungsraum, oder aber die nagelneue Küche mit ihrer wahrlich beeindruckenden technischen Ausstattung.

Und das Küchenteam weiß das auch zu schätzen und zeigte sich stolz, in so einer perfekt geplanten und ausgestatteten Umgebung arbeiten zu dürfen. Die Gerätschaften, vom 50.000 Euro Schockfroster, den High-Tech Herden bis zu den Kombigarern der neuesten Generation, lassen den PacoJet am Rande der Küche im Vergleich wirken wie ein billiges China-Gadget, während er in mancher Küche wie ein massives Investment in Relation zur restlichen Ausstattung erscheint.

Links Küchenchef Mathias Gaube und Meisterpatissier Christian Schreier

Ich habe auch schon einiges gesehen was Küchen angeht aber das war schon ein Brett, am falschen Ende hat man hier nicht gespart, ich denke eher an keinem denkbaren Ende.

Nach fast fünf Stunden sollte sich nun auch der Abend in Ohligs langsam dem Ende entgegen neigen, es waren kurzweilige und angenehme Stunden. Mirko Novakovic habe ich als sympathischen Gesprächspartner erlebt: bodenständig-allürenfrei, reflektiert, offen, kosmopolitisch, witzig und voller Ideen und Tatendrang. Ich war in vieler Hinsicht positiv überrascht, ohne dass ich vorher irgendwelche negativen Befürchtungen hatte, aber schließlich war es ja eine erste „offline“ Begegnung.

Bevor es an die Bar ging, nutzte ich die Gelegenheit für einen Austausch mit Christian Schreier, der sich Patissier-typisch als waschechter Küchen-Nerd zeigte, als er mir mit glänzenden Augen von den feinen Details der Zubereitung einzelner Komponenten berichtete und erklärte, dass er an diesem Abend auch für die Vorspeisen verantwortlich zeichnete.

Auch in Sachen Drinks nimmt man es ernst und stellte einen erfahrenen Theken-Veteranen ein, der zuletzt in den Top-Bars auf Ibiza tätig war. Die Liebe hat den gebürtigen Spanier, mit dem es in Englisch oder Spanisch zu parlieren gilt, nach Solingen verschlagen und er schien sich sichtlich wohl zu fühlen in der hübschen Kulisse „seiner“ Bar.

Es gibt eine eigene, umfangreiche Bar-Karte mit allem, was man hier erwarten kann: Cocktails, Longdrinks, Shots und natürlich hochklassige Spirituosen für die Freunde von Rum, Whisky, Gin und Co.  

Bemerkenswert fand ich eine kleine Auswahl von ihm eigens für das MAKU erdachter „Signature Drinks“ und entschuldigte mich daher augenzwinkernd für meine banale Wahl eines klassischen Mojito, was er allerdings für unnötig hielt: „Ahh, noo, I love Mojitos it`s such a classic good drink, I´ll get you one in a second!“ erwiderte er freundlich lächelnd, bevor er sich routiniert ans Werk machte.

Mittlerweile waren wir, munter plaudernd, gegen 0:30 die letzten Gäste, ein schöner Moment, der festgehalten werden musste, bevor man mir auf Wunsch ein Taxi rief, wir uns verabschiedeten und uns einig waren, dass wir diesen Abend beizeiten wiederholen sollten.

Cheers!

| Fazit |

Eine komplett neues, junges Team das sich nicht kannte, in einer komplett neuen Umgebung mit zu etablierenden Routinen, Prozessen und Abläufen in Küche, Service und Organisation.

Vor diesem Hintergrund hat man nach nur zwei Wochen nach der Eröffnung ein Bild abgegeben, das in einigen Bereichen natürlich noch etwas Luft nach oben lässt, in Summe jedoch den vorher geweckten Erwartungen voll gerecht wird.

Ohligs, bzw. ganz Solingen kann sich glücklich schätzen über diese vielversprechende  gastronomische Bereicherung und ich hoffe sehr, dass man sich mit oberflächlichen Vorurteilen und Vorverurteilungen der Sorte „überkandidelter Schicki-Micki-Laden, den kein Mensch braucht“ diesmal etwas zurückhält.

Natürlich ist das kein Restaurant für Menschen, die alles außer dem Massentierhaltung-Fritteusen-Schnitzel am „Schnitzel Aktionstag“ im Stamm-Vereinslokal für dekadente Verschwendung halten.

Jedoch wer erlebt, welch lockere Atmosphäre auf der Prinzenstraße herrscht, wie der herzliche Service das Restaurant repräsentiert, wird wohl kaum resümieren, dass es hier „überkandidelt“ zugeht, ganz im Gegenteil.

Und was den Bussi-Bussi Faktor angeht, so habe ich in erster Linie Menschen verschiedenster Couleur erlebt, die neugierig und interessiert an gutem Essen schienen und gerne ausgehen, so auch das junge Pärchen am Nebentisch,  mit dem wir beim Dessert ins Gespräch kamen.

Nein, es ist ein Ort, erdacht zum Wohlfühlen und Genießen, hier hat sich nicht ein schwerreicher Unternehmer ein eitles Denkmal gesetzt, das nur zum Ausführen der neuen Bogner-Steppjacke in der arrivierten Baby-Boomer Runde taugt.

Wie kommentierte jemand noch meinen Bericht zur Weinbar am Markt, mit Blick auf die Flora-Frey Historie des Gebäudes: „Möge die MAKU Saat auf der Prinzenstraße aufgehen!“

Und ich glaube das wird sie, das zarte Pflänzchen wächst und gedeiht und ich hoffe, mit meinem bescheidenen Feedback-Dünger ein wenig dazu beitragen zu können.

MAKU Restaurant & Bar
Prinzenstraße 2a
42697 Solingen
https://makuconcept.com/restaurant/
0212 – 64 56 96 61

5 Gedanken zu „Das MAKU Restaurant in Solingen Ohligs: Möge die Saat aufgehen!“

  1. Phantastische Expertise, würde ich alles unterschreiben! Solingen kann sich glücklich schätzen das MAKU in Ohligs zu wissen, auch über einen so profunden Kritiker, was Essen und Wein angeht in Aktion zu sehen. Von seiner unermüdlichen Suche nach Perfektion lässt sich immer profitieren. Danke!

  2. Wir sollten uns nicht an den wenigen Schwächen aufhalten, die zwar erwähnt, aber nicht überbewertet werden sollten – vielleicht auch nicht in der Darstellung. Stattdessen gilt es, sich als Liebhaber*innen gehobener Küche unbändig zu freuen, dass es noch Unternehmer gibt, die bereit sind, beträchtliche Summen in einen – du schreibst es – schwierigen gastronomischen Standort zu investieren.! Ich freue mich jedenfalls sehr für die Solinger Schlemmer-Gemeinde, der du mit diesem fulminanten Bericht sehr deutlich den Weg zu kreativer „heimischer“ Küche gewiesen hast! Kudos!

    • Ich unterstreiche jedes Deiner Worte Gero, insbesondere die hinter dem ersten Gedankenstrich. Ich kann da irgendwie nicht aus meiner Haut, wenn ich schon begeistert im Detail lobe möchte ich auch erklären, warum etwas deutlich misslungen ist statt nur nebulös anzudeuten „och das war nix, naja, Schwamm drüber, gab ja noch ein tolles Dessert“.

      Aber leider sind es dann immer diese Dinge, die beim Lesen besonders verfangen. Habe ich bei vereinzelten Facebook Kommentaren feststellen müssen, völliger Tunnelblick auf das Steak bei einigen, alles andere ausblendend.

      Vielleicht gehen wir hier ja mal gemeinsam hin wenn Du in der Nähe bist, für Dich als Weinnase wäre es sicher ein toller Abend.

  3. Dein Dilemma kann ich gut nachvollziehen. Als Eingeladener ein Restaurant fair zu beschreiben, ist eine hohe Kunst. Dass du, Inhaber des schwarzen Gürtels in konstruktiver Kritik, diese beherrschst, hast du hier ja nicht zum ersten Mal bewiesen – Solingen kann sich glücklich schätzen, einen derart beschlagenen Vorkoster und, ähm, Kostwriter unter den Seinen zu wissen.

    Beim nächsten Mal also inkognito – ich freue mich schon auf das Selfie mit Perücke und Schnauzbart!

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