Sizilien

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Ach, wie italienisch! Das mag man sich oft denken, wenn man durch Sizilien streift. Um dann einige Meter weiter wieder eines Besseren belehrt zu werden. Das soll Italien sein? Sieht eher aus wie Griechenland. Oder Nordafrika. Diese Eindrücke sind beileibe nicht verkehrt, denn Italiens größte Insel wurde längst nicht nur von Rom allein geprägt.

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Im Detail

Sizilien

Ganz im Gegenteil vereinen sich hier so viele kulturelle Einflüsse wie fast nirgendwo sonst in Europa - ein berühmter sizilianischer Schriftsteller prägte dafür mal das treffende Bonmot vom „Amerika der Antike“. Und das schlägt sich auch in der Weinwelt nieder. Wie gut, dass die ersten Kolonisatoren die Weinbautechnik schon im Gepäck hatten! Fast zeitgleich erreichten die eigentlich aus der Levante stammenden Phönizier, die sich aber schon vorher im nordafrikanischen Karthago niedergelassen hatten und dieses als Basis für weitere Expeditionen nutzten, und die Griechen die Insel. Beide lieferten sich über Jahrhunderte immer wieder heftige Scharmützel um die Oberhoheit, von denen die Rebenzucht jedoch meist unbehelligt blieb - aus Agrigent etwa ist eine solche ab dem 5. vorchristlichen Jahrhundert konstant nachgewiesen. Dabei setzten die auswärtigen Siedler meist sogar auf heimische Wildreben, die schon seit vormenschlicher Zeit hier gediehen. Der wichtigste Zweig der Landwirtschaft war jedoch ein anderer, nämlich der Getreideanbau, der auf Sizilien außerordentlich hohe Erträge brachte. Das bekamen irgendwann auch die Römer spitz, die im Norden zu einer ernstzunehmenden militärischen Macht herangewachsen waren und sich das Eiland schließlich als ihre erste Provinz einverleibten. Diese römische Herrschaft wird landläufig als die prägendste für das Eiland angesehen, war letztlich aber nur eine unter vielen. Weintechnisch haben sie jedoch auf jeden Fall ihre Spuren hinterlassen, denn Berichte über damalige Tropfen sind sogar bis zum heutigen Tag überliefert: zum einen der Haluntium aus der Gegend von Syrakus, zum anderen der Mamertina aus Messina, der von Cäsar hoch geschätzt worden sein soll. Beide schmeckten ziemlich süß und standen damit in Kontrast zu vielen Festland-Weinen, die als sehr sauer beschrieben werden.

Von diesem Erbe wollten die neuen Herren, die nach der Völkerwanderung und einem kurzem Intermezzo Siziliens bei Byzanz schließlich das Ruder übernahmen, nichts wissen: die muslimischen Eroberer, die sich mit der Gründung eines Emirates für 250 Jahre dort festsetzten, lehnten den Genuss von Wein entschieden ab. Allerdings gelangte durch sie die Technik der Destillation ins Land, die sie selbst zwar nur zur Herstellung von Duftstoffen nutzten, die sich später aber als bahnbrechende Errungenschaft auch im alkoholischen Bereich erweisen sollte. Kurz nach der Jahrtausendwende machten sich dann die Normannen daran, die Insel wieder unter christliche Kontrolle zu bringen. Sizilien wurde zuerst zur Grafschaft, kurz darauf dann zum Königreich, dem nach und nach weitere Gebiete in Süditalien zufielen und das sein bald Territorium bald bis in die Abruzzen hinein ausdehnen konnte. Auf die Normannen folgten zunächst die Staufer, die sich dort jedoch nicht lange halten konnten: das junge Königreich zerbrach schnell wieder in zwei Teile, das eigentliche Sizilien und das Königreich Neapel, das sich aber ebenfalls Sizilien nannte. Die Insel wurde fortan vom spanischen Haus Aragón regiert, das nach vielen Jahrhunderten die sprichwörtliche wie praktische Durststrecke beendete und wieder in großem Stil den Weinbau förderte. Dadurch, dass die aufstrebenden Habsburger sich diesen Thron durch geschickte Heiratspolitik unter den Nagel rissen, entwickelte auch Österreich einen Anspruch auf das Eiland. Solange die Personalunion zwischen Spanien und Österreich intakt war, gab es kein Problem, allerdings ging diese irgendwann in die Brüche. Der sich anschließende Spanische Erbfolgekrieg endete damit, dass Savoyen Sizilien zugesprochen kam, das aber viel lieber Sardinien haben wollte und entsprechend tauschte.

 

 

Noch eine weitere Großmacht wurde zu dieser Zeit aufmerksam, wenn auch nicht im territorialen Sinne: England war mangels eigenen Weinbaus stets auf der Suche nach edlen Tropfen aus dem Rest Europas. Weil es mit Frankreich ständig im Clinch lag, die dortigen Weine also meist mit Strafzöllen belegt waren, richtete sich der Blick weiter südlich. Waren es in Spanien Malaga und Sherry und in Portugal der Portwein, die das Verlangen nach süßen Digestifs befriedigten, konnte Sizilien mit dem Marsala punkten. Ab 1770 begann ein reger Handelsverkehr mit diesem, der wie seine Verwandten von der Iberischen Halbinsel aufgespritet wurde, um auf dem Seeweg nicht zu verderben. Diese Entwicklung verschaffte Sizilien zwar ein internationales Renommee, barg aber auch Gefahren, wie sich später herausstellen sollte. Denn der Erfolg verführte so gut wie alle Winzer dazu, nur noch Grundweine für den Marsala anzubauen und andere Trauben links liegen zu lassen. Und als der Likör aus der Mode kam und nach und nach zum billigen Kochwein herabdegradiert wurde, stand man relativ blank da. Es gab auch normale Stillweine, klar. Aber die waren meist von sehr bescheidener Qualität und dienten allenfalls dazu, farbschwachen Roten aus anderen Teilen Europas einen dunkleren Ton zu verleihen. Die Eigenvermarktung lag komplett brach, das Weinbausystem war starr und träge, gerade mal ein Dutzend Betriebe exportierten überhaupt ins Ausland. Was also tun?

 

Am besten, man orientiert sich an dem, was international ohnehin schon gut läuft, dachte man sich in den 80ern und begann, zunächst Syrah, dann auch Merlot und Chardonnay zu produzieren. Allerdings stellte man schnell fest, dass der Preisdruck steigt, je mehr Wettbewerber es gibt, und deren Zahl wuchs in Australien, Südamerika und Co. stetig an. Französische Reben waren dabei in Sizilien im Gegensatz zur Neuen Welt nicht unbedingt etwas Unbekanntes, denn ja, natürlich stand Sizilien auch mal ein Weilchen unter der Herrschaft der Grande Nation, die den heimischen Reben nicht vertraute und selbstbewusst eigene mitbrachte. Dafür war Napoleon verantwortlich - er eroberte die Insel von den spanischen Bourbonen, die es wiederum zwischenzeitlich Österreich entrissen hatten. Wie die meisten napoleonischen Eroberungen blieb es nach dem Abtreten des Kaisers aber nicht bei Frankreich, sondern kam zu seinen spanischen Vorbesitzern zurück - mit Unteritalien vereinigt als Königreich beider Sizilien. Das blieb so, bis knapp 50 Jahre später der italienische Nationalstaat entstand. Darin mauserte sich die Insel ganz im Süden schnell zum flächengrößten Weinproduzenten - über 100 000 Hektar sind es heute und damit mehr als in ganz Deutschland, dabei ist das dreiecksförmige Eiland nur ein klein wenig größer als Mecklenburg-Vorpommern.

 

So, nach diesem wilden Ritt durch die Geschichte haben wir uns ein kleines Belohnungsgläschen verdient, finden Sie nicht auch? Nur was? Denn das sich die französischen Reben nicht flächendeckend würden durchsetzen können, war schnell klar. Man brauchte also etwas Eigenes, ein Alleinstellungsmerkmal. Fündig wurde man in der Umgebung des im Süden gelegenen Städtchens Avola, wo man seit jeher einen tiefdunklen Wein kelterte. Den Einheimischen war er als Calabrese bekannt, was sich als unverhohlener Verweis auf die Nachbarregion jedoch sehr schlecht für die Eigenwerbung gemacht hätte. Man kreierte also den so nobel klingenden wie eingängigen Namen Nero d’Avola - und traf damit voll ins Schwarze. Ein Easy-Drinking-Wein, mit seiner pflaumigen Primärfrucht einem apulischen Primitivo nicht unähnlich, dazu mit sehr weichen Tanninen - das passte perfekt in die 90er und ist auch heute noch ein guter Einstieg in die Welt der italienischen Rotweine. Wenn er gut gemacht ist, vermag er mit seiner kräuterig-pfeffrigen Würze durchaus an einen Syrah zu erinnern. Weniger bekannt, dafür im Qualitätsweinbereich deutlich interessanter ist der autochthone Frappato. Vom Nero d’Avola lässt er sich recht einfach durch seinen hellen Ton unterscheiden, denn in den dünnen Häuten seiner Beeren finden sich nur wenige Farbstoffe. Wo er seinem Kollegen in Körper und Tiefe etwas nachsteht, gleicht er mit Frische und seinem komplexen Aromenspiel wieder aus. Rote und schwarze Beeren vermischen sich dabei mit zarten Anklängen an mediterrane Kräuter, Tabak und Tee. Kann man sich schwerlich zwischen Nero d’Avola und Frappato entscheiden, ist auch der gemeinsame Genuss möglich: der Cerasuolo di Vittoria vereint sie. Besonders stolz war man Anfang der 2000er darauf, mit ihm die erste (und bisher einzige) DOCG Siziliens zu erhalten. Seine kirschrote Farbe, der er auch den Namen verdankt, kann manchmal sogar ins Violette tendieren, dem Fassausbau sei dank. Dieser ist es auch, der dem Cerasuolo ein beachtliches Alterungspotential und eine unerwartet ernsthafte, fast burgundische Aromatik verleiht, die sich in Noten von Schokolade, Leder oder Veilchen kleiden kann.

 

 

Der internationale Erfolg der Rotweine darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass in Sizilien deutlich mehr Weiß- als Rotwein angebaut wird - das Erbe der Marsala-Epoche. Die heute dominierenden weißen Reben sind nach wie vor jene, die damals die Grundlage für den Likörwein bildeten. Zum einen ist dies der Cataratto - ein Name, der selbst vielen Weinkennern nur ein Stirnrunzeln entlocken dürfte, obwohl er nach dem Trebbiano die zweithäufigste weiße Rebe Italiens ist. Aber ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich eben nur auf Sizilien und einen Teil Kalabriens, außerhalb davon wird sie praktisch nirgends kultiviert. Auch ein Großteil der aus ihm gekelterten Weine präsentiert sich eher wenig komplex, nicht selten wird der Most gleich zu Branntwein oder Konzentrat verarbeitet. Dabei sollte er mit seinem hohen Alkoholgehalt und dem ebensowenig zu verachtenden Maß an Säure eigentlich zu Höherem berufen sein: wächst er nicht in brütend heißen Tälern, sondern in etwas höheren Lagen, können fruchtige Weine mit ausgeprägter Zitrusaromatik und leicht nussigem Abgang entstehen, deren beste Vertreter gern mal den Eindruck eines Viognier von der Rhone erwecken. Die zweite Traube mit Marsala-Vergangenheit ist der deutlich hitzetolerantere Grillo - ausnahmsweise nicht autochthon, sondern wegen ihrer Robustheit nach der Reblausplage aus Apulien importiert. Nachdem sie sich lange Zeit auf dem Rückzug befunden hatte, stieg ihr Anteil ab den 90ern kontinuierlich wieder an und ist jetzt dreimal so hoch wie noch vor 30 Jahren. Als ertragreiche, aber spätausreifende Sorte nimmt sie alles an Sonne und Terroir mit, was sie kriegen kann und ist deshalb auch kein Leichtgewicht, sondern mit ordentlich Körper und Extrakt versehen. Das blumig-frische Zitrusbukett und die feine, hintergründige Würze gewinnen durch den recht hohen Alkoholgehalt noch an Ausdruck und machen den Grillo damit zum perfekten Begleiter auch deftiger Speisen - den auch Säureempfindliche nicht scheuen müssen, denn in dieser Hinsicht gibt er sich sehr mild.

 

Speisen - wo sich sämtliche Mittelmeeranrainer irgendwann mal die Klinke in die Hand gegeben haben, müsste doch auch eine extrem vielfältige Küche vorzufinden sein? Und genau das ist der Fall! Den größten Beitrag auf diesem Gebiet leisteten nicht etwa die Römer, sondern die Araber - möglicherweise, um damit ihre Vernachlässigung des Weinbaus zu kompensieren. Sie brachten Reis mit, der vorzugsweise zu Arancini verarbeitet wird: kleinen Reisbällchen, die man oft mit Fleisch oder Gemüse füllt und dann frittiert. Auch Zitrusfrüchte sind Teil ihres Erbes, ganz besonders aber die sehr gehaltvollen Desserts der arabischen Welt: die Kreationen aus Mandeln, orientalischen Gewürzen und sehr viel Zucker sind fast schon kleine Hauptgerichte. Schokolade hingegen kannten sie noch nicht, die führten erst die Spanier ein. Nicht aus ihrem Land natürlich, sondern aus Südamerika, woher außerdem heute unverzichtbare Gemüsesorten wie Tomaten, Paprika und Auberginen stammen. Die vorhin galant übergangenen Römer sollten dennoch nicht zu wenig gewürdigt werden, denn auf sie geht der Anbau von Hartweizen zurück, der die Grundlage der vielen Pastagerichte der Insel ist, etwa die aus Catania stammende Pasta alla Norma, die mit ihren fünf Farben die italienische Trikolore und den Ätna symbolisieren soll. Ein ebensolcher Klassiker ist der Farsu magru, ein von der normannischen Tradition inspirierter Rollbraten aus dem bergigen Landesinneren - galt er früher als Arme-Leute-Essen, weil nur seine äußere Schicht aus Fleisch besteht, bildet er heute durch seine saftig-deftige Füllung den perfekten Partner für die Rotweine der Insel. Und auch zu den Weißweinen fällt das Foodpairing nicht schwer, denn Fisch wird hier mehr gefangen als irgendwo sonst in Italien: in den Netzen landen vor allem Thun- und Schwertfisch, Sardellen und Sardinen, die man mit Vorliebe als Sarde a beccafico, gefüllt mit einer Farce aus Brot, Olivenöl, Knoblauch, Zwiebeln und Gewürzen verspeist.

 

 

 

Ja, das alles umgebende Meer kann sowohl verbindend als auch isolierend wirken. Denn obwohl an der schmalsten Stelle der Straße von Messina, welche die Insel vom italienischen Festland trennt, nur drei Kilometer zwischen ihr und Kalabrien liegen, unterscheidet sich das Erscheinungsbild beider doch wesentlich. Der Apennin, jener durch ganz Italien verlaufende Höhenzug, der dessen Südteil sehr gebirgig erscheinen lässt, hat es nicht bis nach Sizilien geschafft. Dieses wartet dafür mit ganz eigenen Erhebungen auf: Vulkanen, darunter auch der größte Europas, der Ätna. Er ist nach wie vor sehr aktiv und spuckt regelmäßig Asche und Lava - ein Umstand, der für seine direkte Umwelt zunächst einmal nicht besonders förderlich klingt. Allerdings erweist sich die verwitternde Lava seit jeher als besonders fruchtbar und wird deswegen für den Anbau von Oliven, Feigen, Zitrusfrüchten, Pistazien und eben von Wein intensiv genutzt. Die Reben innerhalb der ältesten DOC Siziliens gedeihen hier bis in klimatisch schon alpin zu nennende, teils sehr steile Höhenlagen auf 1100 Meter und legen sich auf dem sehr mineralienreichen Untergrund eine große Fülle und einen unvergleichlich warmen Ausdruck zu. Insbesondere der Nerello Mascalese hat sich im Laufe der Zeit an die kühlen Temperaturen gewöhnt - wo Sorten wie der Nero d’Avola schon lange aufgegeben hätten, bringen seine teils uralten Rebstöcke tanninreiche Tropfen hervor, die sich vor manchem piemontesischen Nebbiolo nicht verstecken müssen.

 

Vom schneebedeckten Gipfel des Ätna sollte man keineswegs auf das allgemeine Klima schließen: dieses ist ausgesprochen mediterran, was sich an milden, recht feuchten Wintern, vor allem aber den glühend heißen Sommern zeigt, in denen kaum ein Tropfen Regen fällt. Insbesondere der Süden der Insel bildet ein Einfallstor für den von Nordafrika her wehenden Scirocco, der Temperaturen von 40 Grad und mehr mit sich bringen kann. Nachts wird es dafür vielerorts empfindlich kalt - für die Trauben vorteilhaft, denn das verzögert ihren Reifeprozess und fördert die Entwicklung eines gewissen Säureanteils, der die hohen Alkoholgehalte abfedert. Die Extreme haben die Menschen seit jeher erfinderisch gemacht. Auf der Sizilien vorgelagerten Insel Pantelleria findet sich mit der „Vite ad alberello“ eine - mittlerweile sogar mit Welterbestatus versehene - Form der Rebenerziehung, die noch aus Zeiten der Phönizier stammen soll. Dabei versucht man den örtlichen Widrigkeiten - der Inselname bedeutet übersetzt „Tochter der Winde“ - durch das Graben einer Mulde um den Rebstock herum zu trotzen. In dieser ist die junge Pflanze vor den starken Winden geschützt, zudem sammeln sich hier die geringen Niederschläge und sickern nach und nach direkt zu ihren Wurzeln hinab - ein perfektes Mikroklima entsteht. Wird der Stock dann größer, richtet man seine Triebe so aus, dass sie wie bei einem Baum in alle Richtungen auseinanderstreben: durch diese robuste, buschige und nah am Boden liegende Form bietet er dem Wind wenig Angriffsfläche und beschattet zudem das Erdreich, wodurch weniger Wasser verdunstet. In Kombination mit der hier obligatorischen Handlese eine nachhaltige und umweltfreundliche Anbaumethode, die ohne künstliche Bewässerung oder andere technische Hilfsmittel auskommt und in Zeiten rascher klimatischer Veränderungen kein belächelnswerter Anachronismus ist, sondern definitiv ihre Daseinsberechtigung hat.

 

 

Ja, heißes Sizilien… Schattige Orte gibt es kaum in der Landschaft, denn die einst stark bewaldete Insel wurde massiv gerodet. Das hatte nicht nur Folgen für die Artenvielfalt, die dadurch stark dezimiert wurde, sondern förderte auch die Bodenerosion. Einen nicht gerade verantwortungsvollen Umgang mit der Insel legten nicht nur ihre Bewohner lange Zeit an den Tag, auch seitens des italienischen Festlandes waren die Vorbehalte groß: das sehr feudalistisch und agrarisch geprägte Sizilien fremdelte schon in den ersten Jahren nach er italienischen Einheit mit den neuen politischen und sozialen Gegebenheiten. Die jetzt den Ton angebende Oberschicht bestand vor allem aus Bürgerlichen aus dem Norden des Landes, die Handel und Industrie förderten und wenig übrig hatten für das aus ihrer Sicht völlig überholte gesellschaftliche Gefüge auf der Insel. Die steuerlichen Belastungen der Landwirtschaft nahmen rapide zu, was Aufstände nach sich zog, die blutig niedergeschlagen wurden. Viele Sizilianer kehrten ihrer Heimat desillusioniert den Rücken und wanderten in die USA aus. Dort, aber vor allem auf der Insel selbst entstand in der Folge eine Gruppierung, die sich für den Weinbau als nicht besonders förderlich erweisen sollte: die Mafia. Nicht geringe Anteile der eigentlich für eine zukunftsfähige, technisch schritthaltende Weinwirtschaft gedachten Agrarsubventionen fanden nicht den Weg in die Scheunen und Keller der Winzer, sondern in die Taschen der Cosa Nostra. Besserung trat erst ein, als sich in den 90ern nach der brutalen Ermordung der beiden populären Mafia-Jäger Falcone und Borsellino die Stimmung in der Bevölkerung drehte. Dennoch sind die Rahmenbedingungen für Winzer nach wie vor alles andere als gut: die Infrastruktur besonders im Inneren der Insel lässt stark zu wünschen übrig, auch verfügen viele Betriebe nach wie vor nicht über eigene Abfüllanlagen, sodass immer noch ein großer Teil des Weines als namen- und gesichtslose Tanklaster-Ware aufs Festland kommt. Auch das erforderliche Maß an Handarbeit, sei es bei der Lese kleiner Parzellen oder der Instandhaltung von Trockensteinauern an Hanglagen, ist sehr hoch. So liegen viele eigentlich hochwertige, aber nicht einfach zu bewirtschaftende Flächen brach. Einen Anreiz für mehr Investitionen in den kommenden Jahren könnte jedoch der Tourismus setzen, der gerade auf Sizilien nicht nur Strandkorbhocker, sondern auch kulinarisch offene Kulturreisende anzieht.

 

Und die kommen hier in beiderlei Hinsicht voll auf ihre Kosten. Denn als wäre das reiche architektonische Erbe, die griechischen Tempel, römischen Amphitheater, staufischen Festungen und barocken Paläste nicht facettenreich genug, präsentiert sich auch der Weinbau höchst abwechslungsreich und ist immer für eine Entdeckung gut. Der Qualitätswein-Anteil ist mit etwa einem Viertel der Gesamtmenge zwar nicht besonders hoch, liegt für italienische Verhältnisse aber im oberen Mittelfeld. 23 recht weit voneinander entfernte DOCs bilden die Vielfalt der Terroirs eindrucksvoll ab, und auch mancher Landwein zeigt eine unerwartete Finesse. Der relativen Unbekanntheit der Ursprungsbezeichnungen außerhalb der Insel beugt man seit einigen Jahren dadurch vor, dass man einfach Sizilien als Ganzem einen DOC-Status verliehen hat, wodurch der erläuternde Zusatz „Sicilia“ auf jedem Qualitätswein erscheinen darf - eine hübsche Art von Corporate Identity und Zeugnis für den liebenswerten Zusammenhalt vor Ort. Gemein ist allen Weinen, dass sie in der Regel sofort trinkbar sind - und sehr preisgünstig. Auch Bio-Fans kommen dabei auf ihre Kosten, denn im heißen, windigen Klima haben Schädlinge und Pilzerkrankungen kaum Chancen, weshalb auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln oft verzichtet werden kann. In den folgenden Jahren wird es mehr als von allem Anderen von den Weinliebhabern abhängen, ob Sizilien auf der Qualitätsleiter weiter aufsteigt: fragen sie die vielen außerhalb der Insel kaum bekannten autochthonen Reben verstärkt nach, wird es sich für die dortigen Winzer lohnen, statt der hinlänglich bekannten Massenweine auch mal unkonventionelle Aromen in die Flasche zu bringen. Perricone, Inzolia, Carricante und Corinto Nero stehen wie noch viele Dutzend weitere autochthone Sorten schon in den Startlöchern. Nicht mal auf Dessertweine muss man dabei verzichten: zum schweren Marsala gibt es mit diversen Muskatellern und Malvasiern feine Alternativen. Vinophile Genießer sollten also am Ball bleiben: hier wartet ein unermesslicher Schatz darauf, endlich gehoben zu werden!

 

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