Weißweinland Spanien?

Spanien kann weiß!

Spanien kann auch große Weißweine keltern, zumindest einige Winzernde aus Spanien. Nur kennt diese Weine niemand. Und weil dem so ist und weil das Image der spanischen Weißweine so ist, wie es ist, müssen wir uns um dieses Thema kümmern. Das hat Konsequenzen. Derer zwölf! Zwölf Weine formen eine Gruppe der besten spanischen Weißweine. Gut, es gibt noch vier oder fünf mehr, aber das sind meistens Riojas aus ganz anderen Zeiten (Ygay, Tondonia) oder aber hochgejazzte Weine, die ohne Parker in finsteren Höhlen vegetieren müssten. Zwölf, von „A“ bis „Z“. Echt! Hier beginnen wir:

„It can’t be a Riesling ‚cause it doesn’t show the same Weinbergspfirsichnoten as mine!“ Gut, im Original sprach der Jagger Mick von glimmenden Stengeln und davon, dass andere nicht satisfactionsfähig seien. Hier und heute aber geht es um Albariño.

Weinmacher aus Galiza jedweden Geschlechts glauben gerne und fest, dass Albariño eine wirklich wichtige Rebsorte sei. Langjährige Erfahrung mit den dortigen Eingeborenen lehrt, dass man sie am besten nicht mit der Wahrheit konfrontiert, sondern sanft ermuntert, fortzuschreiten. Insbesondere jene aus der Ecke um Cambados, ein Ort, der eigentlich für ganz andere weiße Produkte bekannt ist. Aber für genau diesen Ort gilt das Singspiel von den Stones: sie, und einige über Wein schreibende Menschen glauben, dass nur der Albariño aus der Cambados (samt etwas Ribadumia und etwas Meaño) – Ecke der einzig wahre sei. Denn alle anderen Albariños schmecken nun einmal anders. Es gab mal eine Zeit, siehe Singspiel, in der trockene Reslinge aus Deutschland immer mit Rheingau-Rieslingen gleichgesetzt wurden. Die Qualität bemaß sich via geschmacklichem Abstand zu Rieslingen aus Kiedrich oder Eltville.

So etwas gibt es Albariñistan auch. Liest man die Texte, die Luis Gutiérrez für den Weinadvokaten schreibt, oder andere für Andere, dann steht da immer der Typus Albariño im Vordergrund, der auf grauem Granit in Castrelo oder in Meaño wächst. Diese Weine zeichnen sich in der Regel durch saline Noten aus, was nicht weiter verwundert, trägt der Wind doch ständig Salz übers Land, Salzwiesenalbariño, oder so. Wenn nun ein Albariño aus weiter gen Landesinnere kommt, hat der natürlich kaum Salz im Gepäck und muss sich deshalb von den Schreibenden mangelnde Salinität vorwerfen lassen. Oder über die Granitnoten, Verwitterungsgranit, Xabre nennen dies die Eingeborenen (m/w/d). Nun steht Albariño halt nicht nur auf Granit, so wie Riesling nicht nur auf einem Typus Gestein gedeiht. Ein trockener Riesling aus Leiwen (soll es tatsächlich geben) schmeckt nicht nur anders als ein Riesling aus Ihringen, die Alkoholwerte sind auch unterschiedlich. Kein ernsthaft arbeitender Journalist würde dies den Rieslingen ankreiden, in Sachen Albariño ist das jedoch nicht so.

Albariño kann viel und glücklicherweise ist die Region (endlich…) erwacht. Unten, am Miño, steht der Albariño steil am Hang, aber auch nahe des Flusses; auf verwittertem Granit, auf noch nicht verwittertem Granit, aber, etwa in Tomiño, auf Schiefer. Und natürlich sind die Weine höchst individuell. Was in Crescente geschieht, etwa sechzig Kilometer von der Küste entfernt, ist nun einmal anders als das aus Tomiño, wo man das Meer fast schon riechen kann.

Allerdings ist die Suche nach solchen individuellen Tropfen durchaus anstrengend, denn es sind kleine und kleinste Bodegas, die wirklich handwerklich gemachte, gut gemachte Weine auf den Markt bringen. Oftmals gibt es nur ein paar tausend Flaschen, manchmal, wenn die Winzer meinen, streng ökologisch arbeiten zu müssen, gibt es gar nix.

Leider gilt die Gleichung klein = fein dann doch nicht, denn es gibt auch viele kleine Produzenten, die eher (oder sehr) belanglose Weine keltern. 

Und dennoch: die Revolution ist im Gange! Das behäbige O Rosal, wo gefühlt fünfzig Jahre lang nichts passierte, hat mit Cazapitas und Do Vimbio gleich zwei neue Betriebe in seinen Reihen, die sehr individuelle, eigenständige Albariños keltern, Weine, die das Geschmacksbild deutlich bereichern. Auch in Condado do Tea sind es kleine Weingüter, die an gute Traditionen anschließen: Genaro’s und Ricón sind zwei Namen, die man sich schon einmal merken kann. Oder aber Soutomaior, die kleine Enklave im Hinterland von Redondela, fast am Wasser gebaut, aber halt durch mächtige Berge von diesem abgetrennt. Quinta das Eiras keltert ein spannendes Cuvée aus Albariño und Godello und auch einen guten Albariño, selbst die Mini-Cooperative Cosecheros Reunidos ist mit ausgezeichneten Weinen präsent. Nur: über die redet kaum jemand, weil sie halt nicht aus Castrelo, Ribadumia oder Meaño stammen, weil dort kein Raúl, Xurxo, Eulogio oder Rodri aktiv ist. Seltsam, ¿wa?

Aber selbst in Salnés verschieben sich die Gewichte, Sanxenxo rückt langsam etwas weiter in den Vordergrund. Natürlich hat es dieser Ort schwer, denn auch wenn der Schieferalbariño so ganz anders ist als der Granitalbariño, so braucht es doch Weinmachende, die dies auch in die Flasche bringen und diese dann auch noch gut vertreiben. Das Problem von dem Ferienort Sanxenxo ist, dass es dort immer weniger Weinberge gibt, Bauland ist knapp, und dass dort in nichtvervirten Sommern bis zu achtzigtausend Eindringlinge aus Madrid oder anderen Ecken Spaniens hausen. Und die trinken alles! Sogar belanglosen Albariño…

Letztendlich ist Manuel Moldes, Weinmacher und Weinbauer in Bodegas Fulcro, noch immer der einzige, der sich mit seinen Weinen gegen den Granit-Trend stemmt, wobei der A Pedreira aus einer Granitlage stammt. Aber die anderen Weine stammen alle aus Sanxenxo, Schiefer, Corneana (das ist so eine Art Verwitterungsschiefer), Quarzite und, das ist die Grundlage eines neuen Weines, der (endlich) im Laufe dieses Frühjahrs auf den Markt kommt, Sand. Letzterer hat schon das Zeug, zu den besten Weißweinen Spaniens zu zählen.

Und dann ist da noch der Albariño, der aktuell bereits in dieser Kategorie zu finden ist: La Fuga, genau genommen La Fuga Finca A Xesteira. Denn inzwischen gibt es auch La Fuga Vinos Marinos. Beide Weine keltert Jose Antonio García, der im Hauptberuf bercianischer Mencía-Versteher ist. Das mit dem Albariño ist ein besseres Hobby. Und ein Tauschprojekt: denn Jose bekommt von Manuel Moldes einen Teil der Ernte, um seine Interpretation eines Albariños zu zeigen, während Manuel von Jose Mencía bekommt, um damit herumzubasteln. Jose ist an den klassischen Albariños nicht wirklich interessiert, sein La Fuga ist ganz anders. Schon der kleine, der Vinos Marinos, ist stoffig, vielschichtig, komplex, verändert sich alle fünf Minuten, über Tage wollen wir gar nicht erst reden. Damit kommt man natürlich nicht in die Liste der Top zwölf, auch wenn die Qualität schon hoch ist. Der wirkliche Top-Wein ist der A Xesteira, die Parzelle, aus der auch die Trauben für den Fulcro stammen: Verwitterungsschiefer. Ein Barrique, zwar groß, aber halt doch nur eines, der Wein bleibt da drin, bis er raus will, um dann erst einmal im Flaschenlager zu verschwinden. Natürlich ist das Albariño, die Kontrollbehörde der Region sieht das zwar anders, aber das ist auch nicht wirklich wichtig. Solche Weine brauchen kein Rías-Baixas-Rückenetikett. Natürlich ist dieser Wein nicht gerade billig, aber noch immer seinen Preis wert.

Es wäre gut, wenn es in fünf Jahren zehn, zwanzig, dreißig Albariños gar gäbe, die besser sind als dieser. Indes bleibt zu befürchten, dass diese Entwicklung dann doch etwas länger braucht.

Bodega Jose Antonio García – Atlantic Division: La Fuga Finca A Xesteira
100% Albariño; El Oso Alemán Ranking Spanische Top-Weißweine 2021: Platz 7. Text: Text: el oso alemán

Schreibe einen Kommentar

Newsletter

Keine Beiträge mehr verpassen.

Entdecke unsere Weine

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Domaine de Montille Corton Charlemagne Grand Cru 2020 BIO

Domaine de Montille Corton Charlemagne Grand Cru 2020 BIO.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Weinreich Tacheles trocken BIO

Marc Weinreich spricht Tacheles.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Domaine La Cadenière Léonie Coteaux d´Aix en Provence Rosé BIO

Sommerlich- beerige Rosé Cuvée.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Kühling-Gillot Nackenheim Riesling 2020 BIO

Riesling mit wunderbarer Fülle und eleganter Cremigkeit.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Comte de Vogüé Bonnes Mares Grand Cru 2021

Bonnes-Mares ist ausschließlich mit Pinot Noir bepflanzt und produziert Weine, die robuster sind als jene aus (Le) Musigny und die über viele Jahre hinweg reifen können.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Gosset Champagner Grande Réserve brut Magnum

Gosset Grand Reserve Champagner in der Magnum Flasche.

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Odinstal Cidre Pét Nat BIO

Odinstal Cidre Pét Nat, ganz natürlich...

Mehr erfahren ...

Mehr erfahren ...
Produkt Bild

Weine

Weigand Der Held Spätburgunder 2016 BIO

Ein wahrer Held, dieser Spätburgunder.

Mehr erfahren ...